Hartz-IV-Empfängern soll die Zahlung der Mietkosten nicht mehr gestrichen werden können: dafür spricht sich der Chef der Bundearbeitsagentur, Detlef Scheele, aus.
Detlef Scheele schaltet sich in die Debatte über die Zukunft von Hartz IV ein. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit hat sich dafür ausgesprochen, etwa die Zahlungen der Mietkosten bei Verstößen gegen Auflagen der Jobcenter nicht mehr wie bislang üblich zu kürzen. „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns bei der Vermittlung und auch sonst nicht weiter“, sagte der frühere Hamburger Sozialsenator, der 2015 an die Spitze der Arbeitsagentur gewechselt war.
Auch Sanktionen bei jugendlichen Hartz-IV-Empfängern kritisierte Scheele. Ihnen wird bislang bereits beim ersten Regelverstoß, der über ein so genanntes Meldeversäumnis hinausgeht, zu 100 Prozent die Sozialleistungen gestrichen. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Pflichtverstoß dazu, kann auch die Miete gekürzt werden. „Das bereitet uns Sorge, weil die strikten Sonderregelungen bei Jugendlichen zu besonders einschneidenden Leistungskürzungen führen“, sagte Scheele.
Gleichwohl mahnte er noch am Dienstag zu Zurückhaltung in der Debatte über Veränderungen am Hartz-IV-System. „Nach 15 Jahren kann man gucken, was hat sich bewährt, was muss man ändern“, sagte er laut der Nachrichtenagentur dpa in Schwerin auf einer Fachtagung der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit. „Man sollte aber die Erwartungshaltung derjenigen, die zur Zeit Leistungsbezieher sind oder die sie vertreten, nicht all zu hoch schrauben.“
952.840 Sanktionen im vergangenen Jahr
Die Zahl der verhängten Sanktionen ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Insgesamt kürzten die Jobcenter 952.840 Mal den Hartz-IV-Satz. Ein Zuwachs um 13.700 gegenüber dem Vorjahr, wie die Arbeitsagentur am Mittwoch mitteilte. Betroffen seien 3,1 Prozent der Leistungsempfänger gewesen. „Die allermeisten Leistungsberechtigten halten sich an die gesetzlichen Spielregeln, nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt sanktioniert“, kommentierte Scheele. In 77 Prozent der Fälle seien Leistungen wegen versäumten Termin verhängt worden.