Satirikerin Ella Carina Werner

Witze machen über Menopause und Menstruations-Apps

Macht Witze über Tabu-Themen: Ella Carina Werner im Wilhelmsburger Inselpark. Foto: Miguel Ferraz

Die Satirikerin Ella Carina Werner macht sich über die Menopause, Geburtserlebnisse und masturbierende Kraken lustig – aber bitte nennen Sie es nicht Frauenhumor!

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Hinz&Kunzt: Frau Werner, worüber können Sie immer lachen?

Ella Carina Werner: Über alles, was nicht zusammenpasst. Wie ein zu kleiner Deckel auf einem großen Topf. Ich kann aber auch ganz schön herumwüten. Nur weil man Komik betreibt, heißt das nicht, dass man immer ein entspannter Mensch ist.

Haben Frauen es heute leichter als früher, ihren Humor unter die Leute zu bringen?

Es gibt ja ganz wichtige Vorbildfiguren wie Carolin Kebekus oder Maren Kroymann. Auch viele Gag­schrei­berinnen für Comedysendungen sind heute Frauen. Gleichzeitig sind die bekannten Humoristen alles Männer: Wladimir Kaminer, Jan Weiler, Marc-Uwe Kling, Torsten ­Sträter – alle gut, aber alles Typen. Manche haben einfach noch keine Lust, sich von einer Frau gut unterhalten zu lassen. Das weckt in mir schon den Ehrgeiz.

Haben Männer gute Ratschläge für Sie?

Ja, immer wieder. „Du kannst es noch ein bisschen greller machen! Hau doch noch eine klare Schlusspointe raus!“ Ich finde es aber oft lustiger, das gerade nicht so zu machen, weil man dann mit der Erwartungshaltung bricht.

Angeblich gibt es einen speziellen „Frauenhumor“?

Ich habe das Gefühl, darüber wollen vor allem Männer sprechen. Man möchte Übersichtlichkeit, deshalb ja auch diese ständige Binarität zwischen Männern und Frauen. Wenn man sich dann aber anguckt, was Frauenhumor sein soll, dann ist das meistens der nicht so lustige, ruhigere Humor: softer, selbstironisch, nicht so nach außen zielend. Da wird aber meist auch nicht so schallend gelacht.

Soll Frauenhumor nicht so wehtun?

Ich glaube, das ist reine Sozialisation, dieses Sich-Zurücknehmen und Rücksichtsvoll-Sein. Ich kenne das auch aus eigener Erfahrung. Ich habe vor 15 Jahren mal an die „Brigitte“ eine Kolumne geschickt, und die schrieben: „Megalustig, aber das ist zu aggressiv, das können wir den Leuten nicht zumuten.“

Heute schreiben Sie über Menopause und Menstruations-App – selbstverständlich?

Ich behaupte, dass man als Humoristin davon profitiert, dass diese Themen teilweise noch tabuisiert sind. Ich habe auch mal ziemlich drastisch über Geburtserlebnisse geschrieben. Und bei einer Freundin wurden die Wehen ausgelöst, weil sie über eine meiner Geschichten so gelacht hat.

Sie haben mal gesagt: „Mir ist eigentlich nichts peinlich.“ Das glaube ich nicht!

Nee, das glaube ich auch nicht so ganz (lacht). Mir ist es zum Beispiel peinlich, wenn man mich für eine schlechte Mutter hält, wenn ich mal den Fahrradhelm meines Kindes vergessen habe. Aber sonst ist mir wenig peinlich. Meine Eltern waren auch relativ schmerzbefreit.

Die Vita Ihrer Eltern klingt wie erfunden: Ihr Vater war Psychotherapeut in einer Nervenklinik und Ihre Mutter Hausfrau, bis sie sich mit 40 Jahren als Bauchtänzerin selbstständig machte und eine Berühmtheit in Ostwestfalen wurde. 

Ich war zwölf Jahre, als ich das erste Mal mit Turban, Mantel und gebräuntem Gesicht Werbeflyer in der Nachbarschaft verteilen musste. Da härtest du schnell ab. Wir haben uns in der Familie auch viel übereinander lustig gemacht. Das ist auch gut gegen Konflikte.

„Furchtbar flache Literatur“, schreibt jemand im Netz über eines Ihrer Bücher. Trifft Sie Kritik?

Das stört mich jetzt nicht, aber generell trifft mich Kritik schon schnell. Wenn mich nach einer Lesung absolut niemand auf einen Text anspricht, dann weiß ich, ich muss noch etwas daran tun.

Sie schreiben auch „radikalfeminis­tische Tiergedichte“, in denen etwa Kraken masturbieren. Warum sind Tiere komisch?

Das komische Tiergedicht hat ja im Deutschen eine ganz lange Tradition: von Ringelnatz über Wilhelm Busch zu Robert Gernhardt. Es ist natürlich immer wahnsinnig durchsichtig, dass man sich als Mensch im Tier spiegelt. Man parodiert auch die belehrende Fabelstruktur ein bisschen. Am komischsten finde ich, dass wir ja eigentlich Primaten sind und alles dafür tun, so zu tun, als wären wir es nicht.

Zur Person:

Ella Carina Werner hat mit 26 Jahren die Zeitschrift „Die Flause“ gegründet, „eine Schüler­zeitung für Große“. Später war sie Redakteurin bei der Satirezeitschrift „Titanic“, seit 2022 ist sie dort Mitherausgeberin als erste Frau auf diesem Posten. Sie veröffentlicht ihre Kurzsatiren in der „taz“, im „Missy Magazin“, in der „Frankfurter Rundschau“ und in Büchern. Gemeinsam mit drei Comedians führt sie die Hamburger Lesebühne „Dem Pöbel zur Freude“, ihr Diary-Slam läuft bereits seit 2011. Werner lebt mit Mann und drei Kindern in Wilhelmsburg. Buch: „Man kann auch ohne Kinder keine Karriere machen“ (Rowohlt), 176 Seiten, 13 Euro. Lesung: Mittwoch, 20. September 2023, Fischhalle Harburg, 19 Uhr, 15 Euro.

Artikel aus der Ausgabe:

Dating für Arme

Alle daten heutzutage mit Apps – was bedeutet das für Menschen mit wenig Geld? Dating-Apps sind „ein fucking Business-Case“, warnt die Sozialpsychologin Johanna Degen im Interview. Außerdem: ein Treffen mit Schlagerstar Kerstin Ott und die spannende Suche nach den Autor:innen eines gefälschten Umberto-Eco-Buchs.

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Autor:in
Simone Deckner
Simone Deckner
Simone Deckner ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur, Gesellschaft und Soziales. Seit 2011 arbeitet sie bei Hinz&Kunzt: sowohl online als auch fürs Heft.

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