In Hamburg, Berlin und Freiburg demonstrierten am Samstag tausende Menschen gegen Mietenwahnsinn. Zumindest in Hamburg kommen Hausbesetzungen wieder in Protest-Mode: Am Samstag besetzten Aktivisten ein leerstehendes Gebäude auf St. Pauli.
Der „Mietenwahnsinn“ trieb am Wochenende tausende Demonstranten auf die Straße. In Hamburg zogen nach Polizeiangaben 2800 und nach Angaben der Veranstalter 4000 Menschen vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt in die Hafenstraße auf St. Pauli. In Berlin beteiligten sich nach Veranstalterangaben über 1000 und in Freiburg 500 Menschen an Demonstrationen. „Die Politik hat die Weichen für eine unsoziale Wohnungspolitik gestellt“, schrieben die Veranstalter in einer gemeinsamen Presseerklärung. „Sie überließ die Gestaltung der Städte dem sogenannten freien Markt und machte Stadtplanung zu einem Geschäft für Investoren.“ Eine gesetzlich festgelegte Mietobergrenze bei allen Neuvermietungen, die weit unter dem aktuellen Mietendurchschnitt in Hamburg liegt“ forderte das Hamburger Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen!“. Der Senat hatte im Oktober angekündigt, 2013 eine Mietobergrenze im Bundesrat anzuregen.
In Hamburg blieb es nicht bei einer Demonstration: Auf St. Pauli besetzten zwölf Aktivisten ein leerstehendes Gebäude, um darin ein „sozialen Treffpunkt für das Viertel“ zu eröffnen, wie sie in einer Erklärung schrieben: „Wir haben heute beschlossen, die Eigentumsfrage auf unsere Weise zu beantworten.“ Einige hundert Teilnehmer der Mietenwahnsinn-Demo versammelten sich anschließend vor der Tür in der Bleicherstraße, um ihre Solidarität mit den Besetzern auszudrücken. Die Polizei ging teilweise mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen sie vor und räumte die Besetzer noch am Abend. Gegen sie ermittelt der Staatsschutz wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs.
Drei Besetzungen in einer Woche
Es war bereits die dritte Besetzung in diesem Herbst. Vor einer Woche hatten Aktivisten eine seit Jahren leerstehende Villa in Horn, die der Stadt gehört, kurzfristig besetzt. Auch hier beendete die Polizei nach wenigen Stunden den Protest. Freiwillig beendeten Aktivisten am vergangenen Mittwoch eine symbolische Besetzung eines der Grindelhochhäuser, das seit sechs Jahren leer steht. Daraufhin kündigte das Bezirksamt Eimsbüttel bei NDR.de an, dem Eigentümer Druck zu machen. Er lässt die 120 Wohnungen angeblich seit Jahren im Schneckentempo sanieren. Der Asta der Universität solidarisierte sich mit der Besetzung und forderte die „Entkriminalisierung von Hausbesetzungen, um den massenhaft vorhandenen Leerstand in Wohnraum verwandeln zu können.“
Steht Hamburg vor einer neuen Welle Hausbesetzungen? „Wenn die Politik nicht endlich handelt, wird das wieder zu einem großen Problem werden“, sagte der ehrenamtliche Vorsitzende des Hamburger Mietervereins, Eckard Pahlke, der Welt. „Und bei der aktuellen Lage würden viele Hamburger sogar Verständnis für die Besetzer haben.“ Auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes Franz-Geord Rips warnte vor der „sozialen Sprengkraft“, die die Situation auf dem Wohnungsmarkt habe. Im Focus warnte er vor einer „mittleren Katastrophe“, auf die Städte wie Hamburg zusteuerten.
Dossier: Wohnungsnotstadt Hamburg
Text: Benjamin Laufer