Das Hamburger Winternotprogramm für Obdachlose endet am Samstag, Hunderte Menschen müssen zurück auf die Straße. Ein unwürdiges Schauspiel, findet Hinz&Kunzt.
Hunderte Menschen setzt Hamburg am Samstag wieder auf die Straße: Das Ende des Winternotprogramms für Obdachlose hat für kreative Proteste in der Hamburger Innenstadt gesorgt. Das von Sozialarbeiter:innen getragene Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot veranstaltete am Donnerstag in der Mönckebergstraße eine „Unglückslotterie“: Mit einer Lostrommel voller Nieten und einem Unglücksrad wollten die Fachleute zeigen, wie schwer es für manche Menschen in Hamburg ist, eine eigene Wohnung zu finden. Insbesondere für Menschen mit wenig Geld und schlechten Ausgangsbedingungen wie zum Beispiel Schulden gleiche die Suche nach Wohnraum in der Hansestadt einer Lotterie, hieß es vom Bündnis.
Die Hamburger Sozialbehörde beendet das Winternotprogramm für Obdachlose planmäßig zum 1. April. Zuletzt hatten hier noch jede Nacht rund 600 Menschen Schutz gefunden. Viele von ihnen haben aus dem Erfrierungsschutz heraus keine dauerhafte Bleibe gefunden. Genaue Zahlen gibt es noch nicht, aber im vergangenen Winter gelang nach einer Auswertung der Stadt bei nur 122 von 2762 Übernachtenden die Vermittlung in andere Unterkünfte, davon nur drei in Wohnungen.
„Die Angebote in den Wohnunterkünften sind nicht so gestaltet, dass sie den Menschen die Ruhe und Stabilisierung bringen, die sie benötigen, um ihre Lebenssituation zu verbessern“, kritisiert Sozialarbeiter Erik Horn von „Hude“ in Hamburg-Nord. Auf der Straße stehen die Chancen, eine eigene Wohnung zu finden, aber noch viel schlechter, ergänzt Caritas-Sozialarbeiter Julien Thiele: „Eine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben diese Menschen nicht. Ihr Alltag auf der Straße und der Überlebenskampf lässt ihnen ohnehin kaum Möglichkeiten, eigenständig nach Wohnraum zu suchen.“
Hinz&Kunzt kritisiert „unwürdiges Schauspiel“
Scharfe Kritik am Ende des Winternotprogramms kommt auch von Hinz&Kunzt. „Obdachlose benötigen ganzjährig einen Rückzugsort – und sie brauchen echte Perspektiven“, sagt Geschäftsführer Jörn Sturm. Stattdessen werden jedes Frühjahr hunderte Menschen auf die Straße gesetzt, einige Monate später landen sie dann wieder im Winternotprogramm. „Das ist ein unwürdiges Schauspiel. Wir brauchen jetzt ganzjährige Unterkünfte für Obdachlose. Am besten dezentral, ganztägig geöffnet und mit Einzelzimmern. Nur so haben die Menschen die Chance, sich zu stabilisieren und eine Perspektive zu entwickeln“, sagt Sturm.
Immerhin müssen nicht alle 600 Obdachlosen zurück auf die Straße: Für „besonders vulnerable Personen und Härtefälle“ und Menschen, die demnächst in eine Dauerunterkunft einziehen können, soll es ein „Anschlussangebot“ geben, teilte die Sozialbehörde am Freitag auf Nachfrage mit. Wie viele Menschen das betrifft, war zunächst unklar.