Absurd: Weil die Bundesregierung ein neues Programm für Langzeitarbeitslose einführt, fürchten Beschäftigungsprojekte für Langzeitarbeitslose in Hamburg um ihre Existenz. Die Fördergelder sollen nun an reguläre Wirtschaftsbetriebe fließen.
Sie helfen alten Menschen mit kleiner Rente im Alltag. Bringen Bewerbungsunterlagen von Jobsuchenden in eine ansprechende Form. Oder betreiben einen Mini-Zoo für die Kinder einer Hochhaussiedlung: Beschäftigungsprojekte für Langzeitarbeitslose in Hamburgs benachteiligten Quartieren. Nun stehen 13 von ihnen vor dem Aus oder zumindest vor erheblichen Einschränkungen, weil die Stadt ihnen nicht länger Zuschüsse gewährt. „Wir werden unsere Seniorenhilfe einstellen müssen“, sagt beispielsweise Ingrid Bauer vom Beschäftigungsträger Koala . „Dabei sind das wirklich bedürftige Menschen, die von unserem Projekt profitiert haben.“
Auslöser des drohenden Kahlschlags ist ein neues Bundesprogramm für Langzeitarbeitslose. Mit seiner Hilfe sollen Arbeitgeber ab Januar Hartz-IV-Empfänger sozialversicherungspflichtig einstellen, die in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang staatliche Unterstützung bezogen haben. Dafür erhalten sie bis zu fünf Jahre lang Zuschüsse: In den ersten beiden Jahren zahlt das Jobcenter 100 Prozent des Lohns, anschließend jährlich zehn Prozent weniger. Für Hilfeempfänger, die mindestens zwei Jahre arbeitslos gewesen sind, übernimmt das Amt künftig 75 Prozent der Lohnkosten im ersten und 50 Prozent im zweiten Jahr. Bundesweit sollen so 100.000 Jobs für Langzeitarbeitslose entstehen, davon rund 3000 in Hamburg.
Neues Programm zielt auf Teilhabe in Wirtschaftsbetrieben
Grundsätzlich begrüßen Beschäftigungsträger das neue Programm. Doch gibt es einen Haken: Bei den bisherigen Förderinstrumenten des Bundes, die nun auslaufen, schoss die Stadt rund 1,5 Millionen Euro jährlich für Miet- und Betreuungskosten sozialer Arbeitsprojekte hinzu. Dieses Geld soll nun jedoch wegfallen. Anders als bisher ziele die neue Förderung darauf ab, „Teilhabechancen in einem Wirtschaftsbetrieb zu ermöglichen“, erklärte dazu die Sozialbehörde. Eine Kofinanzierung durch Länder und Gemeinden sei nicht vorgesehen, Beschäftigungsträger müssten sich „auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen“.
Für die Beschäftigungsträger ist diese Argumentation ein Unding: „Die gemeinnützigen Arbeitsprojekte, denen nun die Unterstützung gestrichen wird, erbringen seit Jahren Dienstleistungen, die in vielen armen Hamburger Stadtteilen dringend gebraucht werden“, erklärt die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Arbeit Hamburg. „Aber es sind eben Dienstleistungen, mit denen – mangels Kaufkraft der Nutzerinnen und Nutzer – niemand Geld verdienen kann!“
Hinter den Kulissen wird noch gerungen. Wenn die Gespräche beendet seien, „werden wir klären, wo seitens der Stadt in welcher Form noch Handlungsbedarf besteht“, so Oliver Kleßmann, Sprecher der Sozialbehörde, auf Nachfrage von Hinz&Kunzt. „Sie können sicher sein, dass wir daran interessiert sind, dass es zu pragmatischen Lösungen kommt.“