Weil es auf der Veddel besonders viele Corona-Infektionen gibt, fordern Mediziner*innen eine Bevorzugung der Elbinselbewohner*innen bei der Impfung. Die Gesundheitsbehörde lehnt das ab.
Die Veddel ist in Sachen Corona gleich doppelt benachteiligt: Auf der Elbinsel gibt es nicht nur hamburgweit die meisten Corona-Infektionen, sondern auch besonders wenige Hausärzt*innen. Dass es deswegen auch weniger Corona-Impfungen als in bessergestellten Stadtteilen gibt, darauf weist jetzt die Poliklinik Veddel hin. Denn die Impfstoffe werden nicht pro Patient*in vergeben, sondern pro Praxis.
Deswegen fordert die Poliklinik eine Impfoffensive für den Stadtteil, die allen Bewohner*innen zeitnah und unbürokratisch eine Impfung ermöglichen soll. Ein nun vorgelegtes Konzept sieht vor, dass die Impfreihenfolge für die 4700 Menschen auf der Veddel aufgehoben und für sie ein temporäres Impfzentrum errichtet wird. „Durch unsere gute Vernetzung und Vertrauensbasis im Stadtteil können wir dann entscheidend dazu beitragen, dass sehr schnell sehr viele Menschen hier eine Impfung erhalten“, sagt Jonas Fiedler von der Poliklinik.
In der Gesundheitsbehörde hält man von dem Vorschlag zunächst wenig. „Wir würden gerne so viele Menschen wie möglich auf einmal impfen“, sagte eine Sprecherin gegenüber Hinz&Kunzt. „Aktuell ist aber das Problem, dass wir zu wenig Impfstoff haben.“ Deswegen wolle Hamburg sich weiter an die vom Bund vorgegebene Impfreihenfolge halten: „Da wird es keine Bevorzugung von Stadtteilen geben.“ Wieso es in manchen Quartieren besonders viele Infektionen gibt und wie man darauf reagieren könne, solle zunächst eine Studie klären.
Ein totales Novum, darauf weist die Poliklinik hin, wäre eine Bevorzugung bei der Impfung allerdings nicht: Auch Grenzregionen zu Frankreich und Tschechien haben wegen der besonderen Situation vor Ort schon mehr Impfstoff erhalten, als eigentlich vorgesehen.
Dass die Veddel besonders stark von Corona betroffen ist, hatte in der vergangenen Woche eine NDR-Recherche belegt. Sogar, wenn man den großen Ausbruch an der Stadtteilschule im November mit mehr als 100 Fällen herausrechnet, führt die Elbinsel den Hamburger Stadtteil-Vergleich an.
„Das kommt für uns nur wenig überraschend“, sagt Tina Röthig, Sozialarbeiterin in der Poliklinik. „Die Menschen auf der Veddel leben in beengten Wohnverhältnissen, haben keine Möglichkeit zum Homeoffice und sind auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. All das führt zu einer deutlich stärkeren Exposition.“