(aus Hinz&Kunzt 132/Februar 2004)
Zum zehnjährigen Bestehen von Hinz&Kunzt haben wir zehn Wünsche für Hamburg für Hamburg veröffentlicht. Einige Forderungen finden parteiübergreifend Zuspruch. Hier die Antwort der Bürgerschaftsfraktionen.
Nr. 1: Die Krankenstube für Obdachlose ist hoffnungslos überfüllt.
H&K fordert: Mehr Betten für kranke Obdachlose.
Die Stellungnahme der SPD-Bürgerschaftsfraktion Wenn die Krankenstube für Obdachlose „immer überbelegt“ ist, wird zu prüfen sein, ob und wie das Angebot ausgeweitet werden kann. Die Auswirkungen der Fallpauschalen in den Krankenhäusern auf Obdachlose wird die SPD kritisch beobachten. Eine stärkere Vernetzung zwischen niedergelassenen Medizinern, Krankenhausärzten und der Obdachlosenhilfe ist – nicht allein, aber auch – vor diesem Hintergrund zu unterstützen.
Die SPD wird sich dafür einsetzen, dass die genannten Gespräche von pflegen & wohnen fortgeführt und möglichst zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden. Es müssen Wege gefunden werden, dass die Krankenkassen bei der häuslichen Pflege mit ins Boot genommen werden.
Die Stellungnahme der CDU-Bürgerschaftsfraktion Prinzipiell stimmen wir dieser Forderung zu, sie muss jedoch in ein finanzierbares Gesamtkonzept eingebettet werden.
Die Stellungnahme der GAL-Bürgerschaftsfraktion
– Mehr Krankenstuben-Betten: JA
– Häusliche Pflege in allen Übernachtungsstätten: (JA, ist aber bereits umgesetzt durch die Gesundheitsreform: Unterkünfte gelten jetzt als Häuslichkeit)
– Krankenkassen und Sozialbehörde müssen Kosten für häusliche Pflege übernehmen: JA
– Vernetzung zwischen niedergelassenen und Krankenhausärzten und Obdachlosenhilfe: JA
Zusätzlich fordern wir: mehr personenbezogene Hilfen für psychisch kranke Menschen (PPM) in den Unterkünften, das heißt sozialpädagogische aufsuchende Arbeit.
Die Stellungnahme der FDP-Bürgerschaftsfraktion Hier ein eindeutiges JA!
Es muss uns gelingen auch die Krankenkassen mehr an ihre Verantwortung zu erinnern. Schließlich sind Sozialhilfeempfänger seit 01. Januar 04 auch Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse.
Die Stellungnahme der Bürgerschaftsfraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PARO): Wegen der kürzeren Verweildauer im Krankenhaus setzen wir uns nachhaltig für mehr Krankenstuben und bessere ambulante Betreuung ein.
Nr. 2: Viele Räumungen könnten verhindert werden, wenn säumige Mieter rechtzeitig Hausbesuch und Hilfe bekämen.
SPD: Im Zusammenhang mit der Arbeit der – von der SPD eingeführten – Bezirksstellen zur Wohnungssicherung wirken sich mehrere Fehler des Senats negativ aus: das überdurchschnittliche Sparen bei den Bezirken, die katastrophale Situation bei der Schuldnerberatung mit einer Warteliste von 2.000 Menschen und Wartezeiten von durchschnittlich über einem halben Jahr sowie das Ausbleiben des für den Beginn 2003 versprochenen Starts der „Fachstellen für Wohnungsnotfälle“.
Die SPD will dezentral in den Bezirken wirksame Betreuung und Hilfen aus einer Hand für die obdachlosen Menschen. Diese Hilfen müssen auch die Schuldner- und Drogenberatung umfassen bzw. vermitteln (vgl. Antrag Drs. 17/3884, Abschnitt II).
CDU: Auch dieser Forderung stimmen wir prinzipiell zu, aber auch sie muss in ein finanzierbares Gesamtkonzept eingebettet werden.
GAL:
– Mehr Mitarbeiter in den Fachstellen, damit Frühwarnsystem funktioniert
– Kompetenz der Mitarbeiter zur eigenständigen Verhandlung mit Vermietern, eigene Etats
– Zugriff der Fachstellen auf freie Wohnungen
Unsere Modifikation: Wir wollen an diesem Punkt endlich das Fachstellenkonzept realisieren. Dies bedeutet, dass MitarbeiterInnen mit den Unternehmen auch direkt verhandeln können und ihnen freie Wohnungen gemeldet werden.
– Regelhafte Hausbesuche: JA, aber in Form von aufsuchender sozialarbeiterischer Hilfe, um Obdachlosigkeit zu vermeiden)
– Keine Zwangsräumung ohne Schlichtungsversuch: JA
Zusätzlich: Angebote freiwilliger Geldverwaltung verbessern (nur Taschengeld auszahlen, Geld jede Woche, nicht pro Monat, Direktüberweisungen der Miete)
FDP: Auch hier ein eindeutiges JA!
Derartige Hausbesuche sind die weitaus kostengünstigere Methode zu etwaigen anschließenden zentralen Unterbringungen.
PARO: Ja. Hier ist schnelle Hilfe auch ohne zusätzliches Personal möglich und wird bereits von uns mit vorbereitet.
Nr. 3: Die Sozialbehörde hat Ende 2003 das Sozialticket für rund 38.000 Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose abgeschafft.
H&K fordert: Sozialticket muss bleiben!
SPD: Die SPD-Fraktion hat die Forderung für die Wiedereinführung des Sozialtickets in ihrem Haushaltsantrag Drs. 17/3884 (dieser Antrag wurde nicht zur Abstimmung gestellt, da es aufgrund der anstehenden Neuwahlen keine Haushaltsberatungen mehr gab). Außerdem steht das Sozialticket ausdrücklich im Wahlprogramm der SPD.
Einen früheren Antrag der SPD-Fraktion zum Thema Sozialticket („Das ‚Sozialticket’ des HVV auch den Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) anbieten“, Drs. 17/2692) haben die Fraktionen von CDU, Schill und FDP ohne eine Ausschussberatung abgelehnt.
CDU: Bei dem Sozialticket handelte es sich um eine freiwillige Zusatzleistung, die nach unserer Auffassung zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung von Sozialhilfeempfängern gegenüber Personen mit geringem Einkommen führte. Die Mittel für den Kauf von Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr sind bereits im gesetzlich festgelegten Sozialhilfe-Regelsatz enthalten, der jedem Hilfeempfänger zusteht.
Wenn im Einzelfall nachweisbar zusätzliche Fahrten erforderlich sind, zum Beispiel um eine Therapie- oder eine Qualifizierungsmaßnahme wahrnehmen zu können, besteht selbstverständlich die Möglichkeit, für einzelne Fahrten ergänzende Leistungen der Sozialhilfe zu beantragen.
GAL: JA
FDP:Ein eindeutiges NEIN!
Es ist nicht nachzuvollziehen, warum durch eine solche Bezuschussung eine Besserstellung von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zu anderen Personenkreisen mit niedrigen Einkommen gerechtfertigt ist. Über den Einzelnachweis kann man immer noch begründete Fahrten zusätzlich zur Sozialhilfe ersetzt bekommen.
PARO: Nein, leider ist dieses vor allem wegen des Sparzwanges nicht möglich und weil damit z.B. ehrenamtlich tätige Rentner benachteiligt wären.
Nr. 4: Sozialhilfeempfänger müssen oft stundenlang warten, bis ihnen geholfen wird. Ihre Sachbearbeiter sind nicht erreichbar.
H&K fordert: Kundenfreundliches Amt!
SPD: Die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sozialämtern ist den Abgeordneten der SPD-Fraktion bewusst. Bereits in der letzten Legislaturperiode hatten Abgeordnete des AK Soziales der Fraktion zahlreiche Sozialämter besucht und sich vor Ort ein Bild gemacht und Gespräche geführt. Allerdings ist die Anzahl der Sozialhilfeempfänger unter dem SPD-geführten Senat deutlich gesunken – von rund 134.000 im Oktober 1998 auf 115.720 im Oktober 2001. Diese Entwicklung hatte natürlich auch positive Auswirkungen auf das Zahlenverhältnis von Mitarbeitern zu betreuenden Bürgerinnen und Bürgern. Unter dem Beust-Senat und mit Sozialsenatorin Schnieber-Jastram ist die Zahl der Sozialhilfebeziehenden wieder deutlich gestiegen – auf 124.794 (inklusive Grundsicherung) im Oktober 2003.
Umso unverständlicher, dass CDU-Senatorin Schnieber-Jastram die Mitarbeiter der Sozialämter – als Folge der Abschaffung des Sozialtickets – mit der Einzelbewilligung von Fahrscheinen beschäftigt. Die Mitarbeiterschaft könnte diese Zeit besser nutzen, um sich mit den einzelnen Menschen, ihren Problemen und einer möglichen Vermittlung in Arbeit zu beschäftigen. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Petra Brinkmann, hat in diesem Zusammenhang aktuell eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt „Missstände und Übergriffe auf den Grundsicherungs- und Sozialämtern, die Vermittlung in Arbeit und die Verantwortung von Sozialsenatorin Schnieber-Jastram“ (noch ohne Drs.-Nummer). Die noch ausstehende Antwort erhält Hinz & Kunzt, so bald sie eingeht.
CDU: Prinzipiell stimmen wir dieser Forderung zu, sie muss jedoch in ein finanzierbares Gesamtkonzept eingebettet werden.
GAL:
– Deutlich mehr Mitarbeiter in den Sozialämtern
Wir wollen nicht mehr Mitarbeiter, aber wir wollen Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau durch Pauschalierung von Leistungen und Wiedereinführung des Sozialtickets. Dadurch werden mehr und bessere Klientenkontakte möglich.
FDP: Generell JA, aber! Ämter und Behörden sollten immer den Kunden als Mittelpunkt ihrer Betätigung im Auge haben. Durch die Zusammenlegung von Sozial- u. Arbeitslosenhilfe gibt es vielleicht auch noch etwas mehr personellen Spielraum. Trotzdem wird man dies wohl nie ganz erreichen!
PARO: Grundsätzlich ja. Ämter sollten sich als Servicestation begreifen. Doch gerade den Mitarbeitern der Sozialämter wird es seitens mancher Besucher nicht immer leicht gemacht (bis hin zu Übergriffen).
Nr. 5: Wer kein Bankkonto hat, ist in unserer Arbeitswelt nur ein halber Mensch. Außerdem: Bareinzahlungen sind teuer.
H&K fordert: Konto für jedermann
SPD: Auch dieses Thema hat die SPD-Fraktion bereits aufgegriffen und in ihrem Haushaltsantrag (Drs. 17/3884, Abschnitt VII) Aufklärung und Abhilfe gefordert. Weder die Regierungsfraktionen noch die CDU-Sozialsenatorin haben hier eine Initiative ergriffen.
Die SPD-Fraktion und die früheren Sozialsenatorinnen hatten für das „Girokonto für alle“ Druck gemacht und echte Fortschritte erreicht. Auf Initiative der SPD-Fraktion gab es auch weitere direkte Gespräche mit den Spitzen von Banken und Sparkassen. Aus Zeiten des Beust-Senats und von Senatorin Schnieber-Jastram ist so etwas nicht bekannt – für sie ist das offensichtlich kein Thema.
CDU: Unbestreitbar ist die Aussage, dass ein Girokonto heute nahezu unverzichtbar ist, um am öffentlichen Leben teilzunehmen. Der marktwirtschaftliche Grundsatz der Kontrahierungsfreiheit darf jedoch aus unserer Sicht bei der Umsetzung der Forderung „Konto für alle“ nicht angetastet werden. Wir setzen uns jedoch dafür ein, dass die Banken ihre freiwillige Selbstverpflichtung tatsächlich einhalten.
GAL:
– Soziale Verantwortung der Banken per Gesetz stärken: JA
– Einrichtung einer unabhängigen Prüfstelle: JA
– Regelmäßige öffentliche Berichterstattung zur Umsetzung in der Praxis: JA
FDP: Ganz klar JA!
Hier sind alle Forderungen zu unterstützen und es muss an die soziale Verantwortung der Banken erinnert werden!
PARO: Ja.
Nr. 6: Soziale Job-Agenturen sollen Hilfeempfängern Arbeit vermitteln. Die Stütze soll nur bei mangelnder Kooperation gestrichen werden.
H&K fordert: Fördern statt überfordern
SPD: Diesen Ansatz teilen wir. Angesichts der aktuellen Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik müssen Stadt und Institutionen sich gemeinsam auf eine geänderte Situation einstellen und ihr Angebot überprüfen. Uns geht es darum, dass alle, die arbeiten können und arbeiten wollen, wenn es irgend geht, so schnell wie möglich in Arbeit vermittelt werden.
Unser Ziel ist, dass künftig die Agentur für Arbeit, die kommunalen Sozialämter und auch die freien Träger in Jobcentern zielgerecht zusammenarbeiten, um so einerseits eine Bündelung der unterschiedlichen Kompetenzen unter einem Dach zu erreichen und gleichzeitig Doppelstrukturen zu beseitigen. Wir hielten es für sehr sinnvoll, wenn auch die Job-Agenturen hier mit eingebracht werden, damit sie ihre wertvolle Kompetenz bei der Entwicklung individueller Eingliederungspläne für Langzeitarbeitslose mit einbringen können.
In den Jobcentern sollen dann künftig alle Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit Betroffene auf ihren spezifischen Anforderungen hin beraten und vermittelt werden. Die Kunden der Jobcenter haben in Zukunft nur noch einen Ansprechpartner, mit dem sie alle Fragen rund um die Vermittlung in Arbeit klären können. Die Vermittlung soll damit für alle effektiver gestaltet werden.
Daneben braucht Hamburg ein eigenes Angebot, das für alle Menschen offen steht, die bereits längere Zeit arbeitslos sind und deren (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt schwerwiegende Hindernisse entgegenstehen bzw. für die der Arbeitsmarkt auch in naher Zukunft keine angemessene Beschäftigung anbietet. Wir wollen langfristig alle Beziehern des künftigen Arbeitslosengeldes II, für die keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden sind, einbeziehen. Die Menschen sollen darin nur vorübergehend beschäftigt werden, bis der Wechsel in den Arbeitsmarkt erfolgt. Gezielte Qualifizierung soll den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern.
CDU: Der Grundsatz unserer Sozialpolitik lautet: „Fördern und Fordern“. Gefordert wird Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit: Wer sich selbst helfen kann, soll dies auch tun und nicht staatliche Leistungen in Anspruch nehmen. Erst wenn Sozialhilfeempfänger eine zumutbare Arbeit verweigern oder bei der Suche nach Arbeit nicht ausreichend mitwirken, wird die staatliche Unterstützung stufenweise gekürzt. Um den Betroffenen den Einstieg in das Arbeitsleben zu erleichtern, stehen in Hamburg in verschiedenen Beschäftigungsprogrammen rund 3.200 Plätze zur Verfügung. Die einzelnen Programme sind auf die verschiedenen Zielgruppen mit ihren jeweiligen spezifischen Problemen abgestimmt, wie beispielsweise Jugendliche oder Suchtkranke.
GAL: Die GAL teilt die Forderungen im Kern.
Mit der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe werden auch in Hamburg Jobcenter eingerichtet. In den Job-Centern wollen wir die Hilfeangebote für Arbeitssuchende bündeln. Jeder bekommt dort einen festen Ansprechpartner (FallmanagerIn). Egal, ob fehlende Kinderbetreuung, gesundheitliche Probleme, Schulden oder drohender Wohnungsverlust die Arbeitssuche erschweren, das Gerenne zwischen den Behörden wird aufhören. Die FallmanagerInnen sollen Zeit haben, sich mit jedem Fall kennen zu lernen und gemeinsam mit den Betroffenen die notwendigen Maßnahmen zu planen, am Ende wird eine Eingliederungsvereinbarung, die gemeinsam umgesetzt werden soll. Die FallmanagerInnen sollen dabei nicht mehr als 75 Fälle gleichzeitig betreuen.
Die GAL will den Einfluss der Stadt auf die Job-Center erhalten und sie eng mit einer aktiven kommunalen Arbeitsmarktpolitik verknüpfen.
FDP: Der Ansatz mittels Job-Agenturen zu helfen, die Arbeitslosigkeit zu vermindern wird mittlerweile ja auch von den ehemaligen Arbeitsämtern (jetzt Arbeitsagentur) so betrieben. Allerdings sollten bei der Arbeitsmarktpolitik generell der erste und nicht der zweite Arbeitsmarkt wieder im Vordergrund stehen. Nur wenn es hier einen Umdenkungsprozess in den Köpfen gibt, kommt es wieder zu der sozialsten Politik überhaupt, der Schaffung von Arbeitsplätzen.
PARO: Zahlreiche Maßnahmen gerade für Sozialhilfeempfänger gibt es schon. Hilfe sollte auch in Zukunft nur bei erkennbarer und wiederholter Verweigerung gestrichen werden.
Nr. 7: Die Zahl der Sozialwohnungen in Hamburg geht drastisch zurück. Verlierer sind Menschen mit geringem Einkommen.
H&K fordert: Mehr Sozialwohnungen
SPD: Die SPD wird nach einem Wahlsieg pro Jahr mindestens 2.400 Mietwohnungen als Sozialwohnungen fördern. Außerdem werden wir erhebliche Mittel in die Instandsetzung und Modernisierung von Wohnungen stecken. Der CDU-Schill-Senat hat übrigens nicht nur die Modernisierungsförderung reduziert, sondern fördert derzeit nur noch den Neubau von maximal 1.300 Wohnungen jährlich. Ab 2005 will er den sozialen Wohnungsbau praktisch einstellen. Das ist mit der SPD nicht zu machen.
Außerdem werden wir die über 130.000 Wohnungen von SAGA und GWG – anders als der CDU-Schill-FDP-Senat – nicht in größerer Zahl verkaufen, weil diese Wohnungen zumeist preiswert sind und deshalb weiterhin für Menschen mit kleinem Geldbeutel da sein müssen. Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen müssen in Hamburg eine vernünftige Wohnung finden können.
CDU: In Hamburg steht prinzipiell ausreichend preisgünstiger Wohnraum zur Verfügung. Um Engpässe auch in Zukunft zu vermeiden, haben wir ein Wohnungsbauprogramm aufgelegt, bei dem 3.000 geförderte Wohnungen entstehen sollen. Eine der Kernaufgaben der Wohnungspolitik ist für uns die Erleichterung des Wohnungszugangs für anerkannte Dringlichkeitsfälle und für Mieter mit Marktzugangsproblemen. Hierzu haben wir den Senat aufgefordert, gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft ein grundlegendes Konzept für die künftige Versorgung der betroffenen Menschen mit Wohnraum zu erstellen.
GAL: Der Senat hat in den letzten zwei Jahren eine mieterfeindliche Politik gemacht. Der Verkauf von SAGA/GWG Wohnungen, steigende Sozialmieten und die Abschaffung der sozialen Erhaltungsverordnungen, um Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen zu erleichtern belegen dies. Dazu kommt, dass der Wohnungsbau in Hamburg auf den tiefsten Stand seit Jahren gefallen ist und in den nächsten 10 Jahren 50.000 Sozialwohnungen aus der Bindung auslaufen werden, dies sind rund 1/3 des Gesamtbestandes. Dies alles auf das Angebot an preisgünstigem Wohnraum und führt zu steigenden Mieten in Hamburg.
Hier müssen wir gegensteuern! Hamburg braucht auch in den nächsten Jahrzehnten ein großes Kontingent an belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungen zur Versorgung von Haushalten mit geringem Einkommen. Dies muss auch durch den Erwerb von Belegungsrechten im Bestand erreicht werden, denn mit Neubau allein kann man es nicht schaffen. Um den Wohnungsbau insgesamt zu stärken muss die Stadt eine aktivere Förderpolitik betreiben. Neben den städtischen Unternehmen setzen wir besonders auf Genossenschaften und Baugemeinschaften.
Einen Ausverkauf des städtischen Wohnungsbestandes wird es mit uns nicht geben, denn wir wollen das Hamburg eine mieterfreundliche Stadt bleibt! Das heißt auch, dass SAGA und GWG ihrer sozialen Verantwortung nachkommen müssen und Obdachlosen und Flüchtlingen mehr Wohnungen vermieten als bisher.
FDP: Nein, aber jeder der in Not gerät erhält die staatliche Unterstützung, die benötigt! Dabei geht es nicht um ein Schlagwort sondern um eine Weltanschauung, die es umzusetzen gilt.
PARO: Der Rückgang basiert auf rot-grünen Entscheidungen; hier muss mittel- und langfristig durch Investitionshilfen umgesteuert werden. Wir setzen auch auf eine gute Wirtschaftspolitik, die das Investitionsklima günstig beeinflusst.
Nr. 8: Der öffentliche Raum wird zunehmend privatisiert. Immer öfter werden Bettler und Obdachlose aus den Innenstädten vertrieben.
H&K fordert: Innenstadt für alle
SPD Die Erfahrungen mit dem Runden Tisch in der Mönckebergstraße haben gezeigt, dass Hilfe für Obdachlose einerseits und Durchsetzung von bestimmten Verhaltensregeln andererseits im Konsens mit City-Management, Einzelhandel, Kirchen und Hilfseinrichtungen verbunden werden können. Lösungen sind immer dann möglich, wenn alle bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam nach allgemein akzeptierten Lösungen zu suchen. Hamburg ist dabei hinsichtlich des bürgerlichen Engagements, des Zusammenwirkens verschiedener Beteiligter und der Vielfalt der unterschiedlichen Träger bundesweit vorbildlich.
Eine großflächige Privatisierung des öffentlichen Raumes wie zum Beispiel den Verkauf von Straßen an den Einzelhandel mit dem Ziel privatrechtlichen Hausrechts, wie z.B. einmal für die Spitalerstraße angedacht, lehnen wir ab, denn damit stiehlt sich der Staat aus der politischen Verantwortung. Allerdings halten wir es für möglich, dass die Übergangsbereiche des Öffentlichen Nahverkehrs in privatrechtliche Verantwortung kommen. Und wir wollen nicht verschweigen, dass wir die Möglichkeit eines zeitlich befristeten und örtlich begrenzten Alkoholverbots schaffen werden: Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit wird problematisch, wenn damit größere Belästigungen von Anwohnern und Passanten verbunden sind.
Ursachenbekämpfung bedeutet für die Sozialdemokraten, dass wir auch denen Perspektiven und konkrete Hilfen für ein selbst bestimmtes Leben anbieten, die aus den unterschiedlichsten Gründen zurzeit abseits der Leistungsgesellschaft stehen. Die Angebote für Obdachlose müssen deshalb weiter verbessert werden; insbesondere für die steigende Zahl psychisch kranker Obdachloser wollen wir für zusätzliche Hilfsangebote sorgen.
„Wer pöbelt, muss die vorgesehenen Strafen in Kauf nehmen“ – So ist es. Wir werden öffentliche Ordnungsverstöße, die die Selbstbestimmung anderer verletzen, auch als solche benennen und deren Auswirkungen unterbinden.
CDU: Wir sind für einen ausgewogenen Ausgleich der Interessen von Einzelhändlern und Gewerbetreibenden und den Bürgern. Eine Innenstadtverordnung halten wir nicht für erforderlich. Sicherheit und Ordnung könnten in besonders problematischen Bereichen durch den verstärkten Einsatz des Sicherheits- und Ordnungsdienstes unterstützt werden.
GAL: Der öffentliche Raum gehört allen. Die GAL lehnt deshalb den Erlass einer Innenstadtverordnung für Hamburg ab. Die Politik reagiert auf subjektive Ängste und objektive Probleme im öffentlichen Raum meist mit ordnungsstaatlichen Maßnahmen wie Bettlerverord-nungen, Innenstadtverordnungen, „Trinkersatzungen“, oder Sicherheits-Ordnungs-Sauberkeits-Diensten. Sie bewegt sich damit in einer Linie mit der Privatisierung, Kommerzialisierung und verstärkter Überwachung öffentlicher Räume. Grüne Politik hingegen will die offenes Gemeinwesen und ein stärkeres Engagement der BürgerInnen für den öffentlichen Raum. Wir brauchen den öffentlichen Raum, als eine Bühne auf der sich Menschen begegnen, die sonst nicht aufeinander treffen würden. Als Freiraum auf den sich Inhalte, Zwecke, Interessen projizieren lassen. Der öffentliche Raum ist der Raum um Vorurteile herauszufordern, Kommunikationsprozesse entstehen zu lassen und Lernprozesse in Gang zu setzen. Um diese langjährige Selbstverständlichkeit müssen wir heute wieder kämpfen! Die Konflikte die sich daraus ergeben müssen wir miteinander in Dialog und Kooperation lösen und nicht durch Ausschluss, Überwachung und Repression.
FDP: Eindeutig JA!
Auch wenn die FDP sich ganz klar für Privatisierungen, auch von Wohnraum, ausspricht, darf dies nicht bedeuten, dass Bettler und Obdachlose aus den Innenstädten vertrieben werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn diese straffällig werden!
PARO: Diese Beobachtung machen wir nicht. An Obdachlose appellieren wir, die entsprechenden Unterkünfte auch zu nutzen und setzen weiterhin auf Prävention.
Nr. 9: Statt Massenquartieren sind kleine Unterkünfte für maximal 20 Menschen erforderlich. Das erhöht ihre Chance auf Integration, vermindert Konflikte – und spart langfristig Geld.
H&K fordert: Kleinere Unterkünfte
SPD: Unterkünfte, „in denen maximal 20 Menschen leben“, hält die SPD nicht für realistisch und finanzierbar: das würde die Zahl der Unterkünfte deutlich erhöhen und einen sehr viel höheren Verwaltungsaufwand bedeuten. Dezentrale Unterkünfte allerdings werden auch von der SPD befürwortet.
Vor allem ist – wo immer möglich – die Unterbringung in Wohnraum anzustreben. Ihre Vorstellungen zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit hat die SPD-Fraktion in o.g. Haushaltsantrag (Drs. 17/3884) dargelegt (siehe auch Antwort zu 2.: „Hausbesuch statt Räumung“). Die Verantwortung von SAGA und GWG wird hier auch von der SPD-Fraktion betont – allerdings ist das Problem nicht allein von diesen beiden Gesellschaften zu lösen, sondern auch von der privaten Wohnungswirtschaft. Überteuerte Unterkünfte sollten im Rahmen des derzeitigen Platzabbaus – als Ergebnis einer geringeren Zuwanderung – als erste abgebaut werden.
CDU: Unser Ziel ist: Obdachlosen werden kleine, dezentral eingerichtete Unterkünfte bereitgestellt, in denen auch Beratung und Betreuung angeboten wird, um dauerhafte Schlafplätze an öffentlichen Plätzen und in Einkaufszentren zu vermeiden. Angestrebt wird das Aufsuchen durch Sozialarbeiter, die die Betreuung in den Unterkünften weiterführen. Die Umstrukturierung der Obdachlosenhilfe soll in Kooperation mit den Verbänden erfolgen. Auch diese Forderung muss in ein finanzierbares Gesamtkonzept eingebettet werden.
GAL:
– Kleine dezentrale Unterkünfte: JA, aber wir wollen vor allem die Unterbringung in Wohnungen
– Verpflichtung städt. Wohnungsunternehmen, vermehrt an sozial Schwache zu vermieten: JA, die Verpflichtung besteht in Form der Belegungsverpflichtung, Die Behörde muss darauf achten, dass die Unternehmen dieser auch nachkommen.
FDP: Auch hier JA!
In einer Senatsinitiative aus dieser Legislaturperiode wurde genau eine solche Unterbringung angedacht. Wir bekennen uns hier zu dem sog. Fachstellenkonzept!
PARO: Ja.
Nr. 10: Schwitzen statt sitzen: Straftäter sollen für kleinere Delikte wie Schwarzfahren oder Diebstahl lieber gemeinnützige Arbeit leisten, statt zu einer Haft- oder Geldstrafe verurteilt zu werden.
Hier tut sich etwas: Die Bundesregierung hat im Dezember einen Gesetzentwurf beschlossen. Demnach können Richter nicht nur Haft- und Geldstrafen verhängen, sondern gemeinnützige Arbeit anordnen – sofern es sich um kleine oder mittlere Vergehen handelt und die Verurteilten zustimmen. Im Frühjahr berät der Bundestag über das Gesetz.
SPD: Wir befürworten das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“. Die Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen kostet nämlich nicht nur viel Geld und belegt knappe Haftplätze; außerdem bekommt der/die Verurteilte zusätzliche Probleme, weil Bindungen zur Familie oder dem Berufsleben für eine bestimmte Zeit unterbrochen werden. Wird stattdessen gemeinnützige Arbeit verrichtet, ist damit allen gedient. (Übrigens: In Niedersachsen hat das Programm „Schwitzen statt Sitzen“ seit 1991 Haftkosten in Höhe von fast 51 Millionen € erspart, allein im Jahre 2002 mehr als 7,5 Millionen €.) Das Projekt wird vom jetzigen Senat leider keinen fundierten Prüfung – als Alternative zur Haft – unterzogen.
GAL: JA. Wer zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist und diese nicht bezahlen kann, gehört nicht in den Knast, sondern soll gemeinnützige Arbeit leisten. Deshalb unterstützen wir nachdrücklich die Forderung „Schwitzen statt Sitzen“. In Berlin wurden 2002 auf diese Weise über 116.000 Hafttage vermieden, in Hamburg waren es nur gut 22.000.
FDP: Eine solche Art der Ahndung von Straftaten ist teilweise heute schon möglich und auch sinnvoll und wird z. B. im Jugendstrafrecht praktiziert.
PARO: Hier hat sich, wie richtig angemerkt wird, inzwischen etwas getan.