Die Einführung eines Mindestlohns in Hamburg verzögert sich erneut. Auf Betreiben der Opposition beschloss der Sozialausschuss eine öffentlichen Anhörung. Damit wird das Gesetz nicht vor Frühjahr in Kraft treten können.
Nach dem Willen der SPD soll künftig jeder Beschäftigte, der direkt oder indirekt für die Stadt arbeitet, mindestens 8,50 Euro die Stunde verdienen. Einen dahingehenden Gesetzentwurf hatte der Senat Ende November vorgelegt und auf eine rasche Verabschiedung gedrängt.
Der Opposition geht das zu schnell. Nachdem die Bürgerschaft die Initiative im Dezember zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen hat, treten CDU, FDP und Linkspartei nun erneut auf die Bremse: Sie setzten am Donnerstag Abend im Sozialausschuss eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf durch. Damit dürfte der Hamburger Mindestlohn nicht vor Frühjahr in Kraft treten.
CDU und FDP machen vor allem juristische Bedenken geltend. Ihrer Einschätzung nach könnte sich das neue Gesetz mit Europarecht beißen. Auch die Linkspartei sieht noch Beratungsbedarf, jedoch aus anderen Gründen: Der Entwurf bleibe in Teilen hinter dem Bremer Landesmindestlohngesetz zurück, das als Vorlage diente. So will der Senat anders als in Bremen auf die Einrichtung einer unabhängigen Kommission verzichten, die entscheidet, ob und wann der Mindestlohn angehoben wird. Die GAL kritisiert, dass im Entwurf nicht stehe, wer für die Überwachung des Mindestlohngebots zuständig ist – und was passiert, wenn städtische Betriebe gegen die neuen Regeln verstoßen.
„Nach jahrelanger öffentlicher Diskussionüber den Mindestlohn sowie einer sehr ausführlichen Debatte in der Bürgerschaft habe ich null Verständnis für diese Verschleppungsaktion“, sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Rose. Friederike Föcking, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, konterte: „Für die SPD gilt wieder: Lieber schnell ein Thema besetzt, als ordentlich regiert. Damit riskiert der Senat, dass das Gesetz vor Gericht landet.“
Nach Schätzungen der Gewerkschaft Verdi arbeiten mindestens 10.000 Menschen in Hamburg direkt oder indirekt für die Stadt Hamburg, ohne dass ihr Lohn zum Leben reicht. Weil Union und FDP die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns auf Bundesebene blockieren, versucht die SPD neuerdings, auf Länderebene Lohnuntergrenzen festzuschreiben. Hamburg wäre nach Bremen das zweite Bundesland mit einem entsprechenden Gesetz. In Bremen müssen öffentliche oder staatlich geförderte Arbeitgeber ihren Beschäftigten seit September 2012 mindestens 8,50 Euro die Stunde zahlen.
Text: Ulrich Jonas
Foto: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt/pixelio.de
Der Gesetzentwurf des Senats über einen Mindestlohn in Hamburg ist abrufbar unter www.buergerschaft-hh.de (Drucksache 20/5901).