Probleme in den Erstaufnahmen und ein zu rigider Umgang mit jugendlichen Flüchtlingen: Nach 100 Tagen als Ombudsfrau in der Flüchtlingsarbeit spricht Annegrethe Stoltenberg drängende Probleme an.
Nach 100 Tagen im Amt zieht Hamburgs Ombudsfrau in der Flüchtlingsarbeit eigentlich ein positives Fazit: In den Behörden gebe es „ganz viel Engagement für Flüchtlinge“, sagt Annegrethe Stoltenberg bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag. „Das ist die Grundhaltung, auf die ich stoße.“
Die frühere Diakoniechefin und Hinz&Kunzt-Herausgeberin war im Juli zur ehrenamtlichen Leiterin der unabhängigen Beschwerdestelle berufen worden. Sie und zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen sind Ansprechpartnerinnen für Geflüchtete, ehrenamtliche Flüchtlingsunterstützer und Unterkunftsmitarbeiter, die Konflikte mit staatlichen Stellen haben. 50 bis 60 Fälle haben sie bereits bearbeitet und zum Beispiel bei Problemen mit dem Jobcenter vermittelt. In der Regel würde das auch gut klappen, sagt Stoltenberg: „Wir haben schon Dinge bewegt, aber das hängen wir nicht immer an die große Glocke.“
Fast 3000 Flüchtlinge mit Anspruch auf bessere Unterkunft
Aber natürlich gibt es auch Probleme. Meistens kämen Geflüchtete gemeinsam mit Ehrenamtlichen in das Büro in der Großen Reichenstraße, berichtet Stoltenberg. Und in vielen Fällen gehe es um den Wunsch, aus einer Zentralen Erstaufnahme in eine sogenannte Folgeunterkunft verlegt zu werden. Denn in Hamburg leben immer noch 2980 Flüchtlinge länger als ein halbes Jahr in den engen Erstaufnahmen – obwohl sie eigentlich einen rechtlichen Anspruch auf eine bessere Unterbringung haben.
„Die Bedingungen in den Erstaufnahmen sind ausgesprochen anstrengend.“– Annegrethe Stoltenberg
Das führt zu Konflikten in den Unterkünften. „Die Bedingungen in den Erstaufnahmen sind ausgesprochen anstrengend“, sagt Stoltenberg. „Oft entstehen psychische Krankheiten durch diese Belastungen.“ Sie fordert eine bessere Ausstattungen der Erstaufnahmen, die unter anderem vom städtischen Unternehmen fördern&wohnen betrieben werden: „Man würde sich sehr viel Konfliktpotential sparen.“
Kritik übt Stoltenberg auch am Umgang der Stadt mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Sie würden ab ihrem 18. Geburtstag oft direkt als Erwachsene behandelt, obwohl eigentlich Übergangszeiten eingeräumt werden könnten. „Es ist sehr schwierig, wenn ein junger Mensch an seinem 18. Geburtstag aus seiner WG gerissen wird und in eine öffentlich-rechtliche Unterkunft kommt“, sagt Stoltenberg. „Das führt zu Konflikten, die man unter Jugendhilfegesichtspunkten vermeiden muss.“