Hörerlebnisse aller Art liegen ihm am Herzen: Der Schauspieler, Produzent und Sprecher Oliver Rohrbeck, bekannt als Stimme von „Drei ???“-Detektiv Justus Jonas,nahm sich in Hamburg Zeit für eine Lesung für den Hinz&Kunzt-Freundeskreis
(aus Hinz&Kunzt 203/Januar 2010)
Er nervt. „Justus Jonas ist rechthaberisch und total eigensinnig“, sagt Oliver Rohrbeck über den Chef der Hörspieldetektive „Die drei ???“. Rohrbeck leiht Justus Jonas seit 30 Jahren seine Stimme für die Hörspiel-Ermittlungen des Trios. Kein Grund, den 44-Jährigen auf die Stimme des jugendlichen Detektivs zu reduzieren. Er war längst im Geschäft, als er 1979 bei den Drei ??? anfing: Als Siebenjähriger sprach er die Hauptrolle in Walt Disneys Pinocchio. Er konnte noch nicht richtig lesen und brauchte Hilfe von Harald Juhnke, der den Kater sprach. „Er musste mir Satz für Satz vorsagen, was ich sprechen musste, wenn der Mund sich wieder bewegte.“
Er trat in der Sesamstraße auf, synchronisierte bei den Ninja Turtles und sprach einen der „Fünf Freunde“. Es hatte sich rumgesprochen, dass es einen Jungen gibt, der schauspielern kann. „Damals gab es drei Programme und nicht so viele Leute beim Fernsehen. Da wurde man als Kind weitergereicht.“ Oft wurde der junge Rohrbeck eigens aus Westberlin nach Hamburg eingeflogen. „Mit dem Zug durch die DDR hätte das acht Stunden oder so gedauert mit Passkontrolle und Drum und Dran. Der Flug dauerte 25 Minuten. Da konnte ich meinen Tomatensaft trinken und dann wurde schon wieder gelandet.“
Seit dreißig Jahren kommt er ständig nach Hamburg. Hier wird auch das beliebte Detektiv-Hörspiel produziert. Der Berliner fühlt sich an der Elbe längst heimisch: „Es ist meine zweite Stadt.“
2003 gründete Rohrbeck die „Lauscherlounge“, die alles rund um Hörerlebnisse produziert und mittlerweile 20 Mitarbeiter hat. Dort ist er Ideengeber und Organisator, Schauspieler und Verwalter. „Ich empfinde es als große Freiheit, dass ich nicht warten muss, dass mich jemand anruft und mir eine Rolle anbietet, sondern mir die Stoffe und wer mitmacht aussuchen kann.“ Er liebt die Abwechslung in seinem Job: Hörspiele aufnehmen, Regie führen bei Synchronisationen, Abende mit Kurzgeschichten und Lesungen wie Prima Vista, eine Lauscherlounge-Erfindung: „Da bringen die Leute Gedichte, Geschichten, Selbstgeschriebenes oder Gebrauchsanweisungen mit, und wir tragen die dann vor, das ist immer sehr lustig.“
Während seine Paradefigur Justus Jonas schon seit der 47. Drei-???-Folge 16 Jahre alt ist, hat Rohrbeck sich weiter entwickelt. Mit 17 ging er zur Schauspielschule, gab das Theater aber auf, als er Mitte 20 war. Erst 2002 kehrte er für das Drei-???-Live-Hörspiel „Master of Chess“ zurück. Die Idee, ein Hörspiel vor Publikum zu inszenieren, ist unglaublich erfolgreich. Im Herbst 2009 kamen 100.000 Fans in 18 Städte, um „Der seltsame Wecker“ live zu erleben – allein 12.000 in die Color Line Arena.
Die Frage, ob Rohrbeck es bereut, die Schauspielerei aufgegeben zu haben, erübrigt sich. Denn das hat er gar nicht: „Sprecher sind Schauspieler. Es kommt darauf an, eine Rolle zu spielen und Worte zu beseelen.“ Auch für Live-Lesungen gilt für Rohrbeck: „Das soll nicht verkrustet rüberkommen. Nicht dass du
da einen Autor hast, der spuckt in sein Wasserglas und dann sabbert er seine eigenen Texte runter. Lesungen sollen Unterhaltung sein.“ Bei jährlich 32.000 Kilometern mit dem Auto durch die ganze Republik kann er Unterhaltung gebrauchen. Unterwegs hört er am liebsten Krimis oder Gruseliges, Hörspiele lieber als -bücher. Die Vorliebe fürs Vorlesenlassen teilt er mit vielen: 3,67 Millionen Hörbuchkäufer gab es 2008 in Deutschland. „Ich glaube, dass die Leute das mögen, weil es zu einer Lebensberuhigung beiträgt. Wir sind ständig dieser Reizüberflutung ausgesetzt mit dem aufgeregten Fernsehen und Radio. Das ist teilweise entsetzlich nervig.“
Im Februar erscheint die 136. Drei-???-Geschichte. Rohrbeck schmeißt zu jeder neuen Folge Partys in mehreren Städten: mit Vorab-Kassette-Hören und einer Live-Hörspiel-Produktion zum Mitmachen.
Justus Jonas zu spielen macht ihm immer noch großen Spaß, „das ist gar keine Frage“. Aber angewiesen ist er auf den naseweisen Ermittler nicht: „Wenn es irgendwann heißt, das will keiner mehr hören, das olle Zeug, ist das okay. Dann kommt was anderes.“
Beatrice Blank
Vielen Dank! Oliver Rohrbeck und Musiker Karlo Hackenberger für einen wunderbaren Abend, dem Metropolis für den schönen Ort und der „Schlaflounge“ für die Übernachtung.
Oliver Rohrbeck in Hamburg: 31.1., 19 Uhr, Release-Party zur 136. Drei-???-Folge;
30.5., 19 Uhr, Prima-Vista-Lesung, beides im Uebel & Gefährlich, Feldstr. 66, 9 Euro