Obdachlose, die wählen wollen, müssen dies beantragen. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Wir erklären, wie es funktioniert.
Die Bundestagswahl am 24. September rückt immer näher. Wahlunterlagen bekommen die meisten Bundesbürger bequem per Post nach Hause geschickt. Anders sieht es bei Obdachlosen und Menschen ohne festen Wohnsitz aus: Ihnen kann das Landeswahlamt die Wahlunterlagen schließlich nicht einfach per Brief zustellen.
Wählen können sie trotzdem. Sie müssen dazu nur einen Antrag auf Wiederaufnahme ins Wählerverzeichnis stellen (hier für ein Muster klicken). Dies kann entweder in den Bezirksämtern geschehen, aber auch in Tagesaufenthaltsstätten in der Bundesstraße und dem Herz-As (hier klicken für die ausführliche Liste).
Thomas Specht, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Berlin weist zudem darauf hin, dass auch Sammelanträge gestellt werden können. Hamburgs Landeswahlleiter Oliver Rudolf bestätigt gegenüber Hinz&Kunzt: „Ja, es können auch mehrere Anträge von Wohnungslosen gesammelt an die Wahldienststelle gesendet werden.“
Drei Monate vorher „Platte“ gemacht haben
Voraussetzung in jedem Fall: Antragsteller müssen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, über 18 Jahre alt sein und dürfen nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein. Zudem müssen sie zuvor drei Monate in Hamburg übernachtet haben und dürfen keinen festen Wohnsitz haben. Auf dem Antrag ist anzugeben, wo man „Platte“ gemacht hat.
Wahl-Info im Herz-As
Wichtig: Die Antragsfrist endet am 3. September! „Danach kann ein Antrag auf Ausstellung eines Wahlscheins nur noch gestellt werden, wenn die Antragsfrist unverschuldet versäumt wurde“, so Landeswahlleiter Rudolf. Ist der Antrag in Ordnung, kann sofort in der Wahldienststelle per Brief gewählt werden oder aber ganz normal im Wahllokal am 24. September.
Bei der letzten Bundestagswahl 2013 hatten sich insgesamt 57 Personen ohne festen Wohnsitz ins Wählerverzeichnis wiederaufnehmen lassen, so Landeswahlleiter Rudolf.
„Strassenwahl“ will Obdachlose an die Urnen bringen
Geht es nach Nikolas Migut, soll sich die Anzahl in diesem Jahr erhöhen. Der Gründer der Initiative „Strassenblues“ hat deshalb eine Kampagne gestartet: die „Strassenwahl“ .
Ab Mittwoch werden in Tageseinrichtungen „Schritt-für-Schritt“-Anleitungen verteilt, die erklären, wie sich Obdachlose an der Bundestageswahl beteiligen können. Ab dem 30. August sollen die Obdachlosen per Tablet zudem den Wahl-O-Mat ausprobieren können.
Mit der Kampagne will Migut aber nicht nur Obdachlose informieren, sondern auch andere Nichtwähler zur Teilnahme an der Bundestagswahl motivieren. Für eine bundesweite Plakatkampagne mit dem Obdachlosen Horst, der sich regelmäßig an der Wahl beteiligt, sammelt der Verein „Strassenblues“ daher noch Spenden via Crowdfunding.
Tipp: In unserer September-Ausgabe (erscheint am 30.8.) beschäftigen wir uns ausführlich mit der Bundestagswahl: inklusive Kandidaten-Check, Wahlprüftsteinen und einer Testwahl von Hinz&Künztlern.