Obdachlose Menschen sind der Hitze oft schutzlos ausgeliefert. Ehrenamtliche wie das Team vom Mitternachtsbus leisten Hilfe in der Not. Die Sozialbehörde sieht aber keinen zusätzlichen Hilfebedarf.
Hinz&Kunzt: Frau Norgall, am Donnerstag werden in Hamburg 34 Grad erwartet. Was bedeutet das für obdachlose Menschen?
Sonja Norgall: Auf der Straße ist es besonders heiß, wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen den Tag überleben. Wir werden im Mitternachtsbus zusätzliches Trinkwasser an Bord haben, das wir dank Spenden einkaufen können. Das wurde in den vergangenen Tagen auch schon sehr stark nachgefragt.
Sie sind die Teamleiterin beim Mitternachtsbus der Diakonie. Er fährt jeden Abend durch die Stadt und versorgt Menschen, die auf der Straße leben. Wie geht es den Menschen dieser Tage, die sie antreffen?
Wir treffen im Moment relativ viele Menschen auf der Straße an. Die Leute sind einfach erschöpft und oft auch krank, die Hitze macht ihnen sehr zu schaffen. Ihre ohnehin schwierige und perspektivlose Situation nimmt die Menschen bei diesen Temperaturen noch mehr mit.
Ich rate immer dazu, Obdachlosen Bargeld zu geben, weil sie selbst am besten wissen, was Sie gerade benötigen. Kann es trotzdem sinnvoll sein, wenn Privatleute Wasserflaschen verschenken?
In jedem Fall ist es gut, wenn man fragt, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Man sollte anbieten, was man anbieten kann – eine Flasche Wasser macht auf jeden Fall Sinn. Ich finde es gut, wenn man den Menschen Wahlmöglichkeiten lässt und ihnen eine selbstständige Entscheidung ermöglicht, zum Beispiel mit Bargeld. Hamburg sollte auch mehr öffentliche Trinkwasserspender installieren. Das bringt mehr als einzelne Menschen, die Wasserflaschen verteilen.
Gibt es genügend Orte, an denen Obdachlose Schutz vor der Hitze suchen können? Der Senat verweist auf die von ihm mitfinanzierten Tagesaufenthaltsstätten, in denen es auch ausreichend Trinkwasser gebe.
In der Tagesaufenthaltsstätte der Diakonie in der Bundesstraße gibt es einen Wasserspender und eine schattige Terrasse, das stimmt. Die Einrichtung ist aber nur von 11 bis 16 Uhr geöffnet, die Menschen benötigen jedoch auch darüber hinaus Aufenthaltsorte. Und wer nicht unter vielen Menschen sein mag, benötigt wirkliche Rückzugsorte, an denen er alleine sein kann. Klar gibt es schattige Orte wie den Stadtpark, die auch Obdachlose nutzen können. Die Frage ist aber: Ist jeder mobil genug, um sich dorthin zu bewegen, oder brauchen die Menschen Unterstützung?
Berlin hat im Rahmen der „Hitzehilfe“ unter anderem eine zusätzliche Unterkunft mit Ruheplätzen und Garten eröffnet und unterstützt Hilfsorganisationen finanziell, damit sie Wasser und Sonnenschutz verteilen können. Muss die Stadt Hamburg im Sommer mehr tun, um Obdachlosen zu helfen oder reicht das Angebot aus?
Die Ausstattung der Obdachlosenarbeit reicht prinzipiell nicht, im Sommer wie im Winter. Die Stadt hat während der Coronamonate vielen Einrichtungen gut geholfen – was auch dringend nötig war. Natürlich könnte sie auch uns jetzt im Sommer auch weiter unterstützen, wir würden uns darüber freuen! Zum Beispiel durch den Bau neuer Trinkwasserspender. Der Bedarf wäre auf jeden Fall da.