Die Bauwagenbewohner von Zomia wollen den Platz in Wilhelmsburg nicht verlassen. Das betonte die Gruppe, nachdem sie am Mittwoch für einige Stunden einen Platz in Altona besetzt hatte und schließlich protestierend abgezogen war. Der Bezirk Mitte erklärte, er sei nun bereit, die Wilhelmsburger Fläche zu räumen.
Zomia will in Wilhelmsburg bleiben. Das erklärten die Bauwagenbewohner am Tag des Ablaufs des neuesten Ultimatums. Bis Donnerstag Nachmittag steht den rund 20 Personen mit ihren Bauwagen der Umzug auf eine Fläche am Holstenkamp offen. Verlassen Sie ihren bisherigen Platz am Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg nicht, droht ihnen vom Bezirksamt Mitte die Räumung. „Wir sind bereit“, sagte Bezirksamtssprecher Lars Schmidt-von Koss.
Darauf wollen die Zomianer es offenbar ankommen lassen: „Wir bleiben auf unserem Zuhause in Wilhelmsburg – und wer uns räumen will, wird uns räumen müssen“, heißt es auf der Website der Gruppe. Am Mittwoch hatten die Bewohner mit neun Wagen eine Fläche an der Altonaer Schützenstraße besetzt. Nach wenigen Stunden ließ der Bezirk diesen Platz von der Polizei räumen. Andere Bewohner blieben mit ihren Wagen in Wilhelmsburg. Mit Unterstützern zogen die Zomianer am Abend demonstrierend zur S-Bahn Sternschanze. DIe Veranstaltung verlief friedlich. Eine einvernehmliche Lösung zwischen Zomia und der Stadt scheint jetzt allerdings noch unwahrscheinlicher als bisher.
Die Gruppe betont, einen Umzug ohne Perspektive „gibt es nicht“. Sie stellt eine Bedingung für die Umsiedelung: „Vorraussetzung für einen Umzug ist für uns, dass im Vorraus eine (längerfristig) für uns geeignete Fläche gefunden worden ist, und wir die schriftliche Zusicherung haben, dort nach einer Übergangszeit auf dem Holstenkamp hinziehen zu können.“ Die Bewohner fühlen sich unter Druck gesetzt, umzuziehen, „ohne zu wissen, wo wir letztendlich landen werden“.
Eine solche langfristige Lösung kündigte der Bezirk Altona, der vorübergehend die Fläche am Holstenkamp zur Verfügung stellen will, allerdings erst für das kommende Jahr an. Im Entwurf eines Bezirksversammlungsantrags heißt es: „Das Bezirksamt wird verpflichtet, die wohlwollende Prüfung und Suche nach alternativen Standorten fortzusetzen, bis ein von der Zomia-Gruppe akzeptierter Standort in Altona gefunden ist. Bis Mitte Januar 2012 soll Klarheit über die Flächenalternativen bestehen.“
Juristisch und politisch hat die Bauwagengruppe Zomia alle Möglichkeiten ausgereizt, in Wilhelmsburg bleiben zu dürfen. Die Eingabe an die Bürgerschaft war das letzte Mittel, den Konflikt politisch zu lösen. „Unausweichlich“ ist laut der Bürgerschaftsfraktion der SPD das Votum „nicht abhilfefähig“ gewesen: „Es wurde in den letzten Monaten durch zahlreiche Behörden und Politiker alles versucht, für die Gruppe eine Anschlussperspektive zu finden und eine Deeskalation voran zu bringen – leider gab es nur wenig Bewegung der Zomianer selbst.“
Auf eine Alternativfläche konnten sich Stadt und Bauwagenbewohner nicht einigen
In den vergangenen Monaten hatte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) zwei Ausweichflächen in Niendorf und in Bergstedt angeboten, zuletzt kam außerdem die Fläche am Holstenkamp in Altona ins Gespräch. Die Niendorfer und Bergstedter Plätze lehnte die Zomia-Gruppe als „absolut ungeeignet“ ab. Sieben Platzvorschläge in den Bezirken Eimsbüttel und Nord, die die Zomia-Bewohner ins Spiel brachten, wurden von der BSU geprüft. Die Prüfung ergab bei allen Flächen „ungeeignet“. Es handle sich „überwiegend um Flächen privater Eigentümer, auf die die Stadt keinen Zugriff hat beziehungsweise für die in absehbarer Zeit anderweitige Nutzungen vorgesehen sind“.
Bereits im März hatte das Bezirksamt eine Räumungsverfügung erlassen. Grund: Die Fläche sei als Industriegebiet ausgewiesen und für Bauwagen nicht geeignet. Es wurde eine Widerspruchsfrist bis zum 3. November festgesetzt, die die Zomia-Bewohner auch nutzten. Sie argumentierten, die Fläche liege seit Jahrzehnten brach und würde weder als Industriegebiet noch sonstwie genutzt. Ein Antrag der Gruppe zur Errichtung eines Bauwagenplatzes wurde abgelehnt. Das Verwaltungsgericht, an das sich die Bewohner wandten, bestätigte im Eilverfahren die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung, ebenso das Oberverwaltungsgericht.
Text: Beatrice Blank, Mitarbeit: Fabian Zühlsdorff
Foto: Kathrin Brunnhofer