Nach dem Tod eines Obdachlosen im Lohmühlenpark hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. In der Bürgerschaft beginnt eine Debatte über die Versorgung von kranken und schwachen Obdachlosen.
Die Staatsanwaltschaft hat nach dem Tod des Obdachlosen Frank einen „Vorprüfvorgang in Hinblick auf das Handeln der Rettungskräfte und Polizeibeamten“ eingeleitet. Darüber berichtet Hinz&Kunzt in seiner September-Ausgabe, die am Montag erscheint. Zwar gebe es noch keinen Anfangsverdacht, sagte Staatsanwältin Liddy Oechtering. „Der Sachverhalt hat sich aber so dargestellt, dass man sich das noch mal angucken muss.“ Zuvor hatte schon die Feuerwehr eine Prüfung des Einsatzes eingeleitet.
Der 33-Jährige war am 13. August im Hamburger Lohmühlenpark gestorben, nachdem ein Anwohner tags zuvor mehrfach den Notruf gewählt hatte. Doch sowohl Rettungskräfte als auch Polizeibeamte fuhren wieder davon, da ein Notfall für sie offenbar nicht ersichtlich war. Einen gewünschten Transport in eine Notunterkunft lehnte die Polizei ab. Gefahr für Leib und Leben habe nicht bestanden, begründete dies ein Polizeisprecher gegenüber Hinz&Kunzt. Bislang steht die Todesursache noch nicht fest, das Obduktionsergebnis steht noch aus.
Der tragische Fall steht exemplarisch für eine Versorgungslücke im Hamburger Hilfesystem: Dass Obdachlosen in Hamburg zu wenig Versorgung und kein Transport angeboten wird, wenn sie zwar hilfsbedürftig sind, aber nicht als Notfall anerkannt werden, beklagen Sozialarbeiter*innen schon lange. Der Jurist Karl-Heinz Ruder argumentiert, Obdachlose hätten gegenüber der Polizei einen Anspruch auf den Transport in eine Notunterkunft: „Ich habe starke rechtliche Zweifel, ob die Polizeibeamten, die den Obdachlosen in dem Park ‚kontrolliert‘ haben, sich ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Schutz der Grund- und Menschenrechte des Obdachlosen überhaupt bewusst waren“, so Ruder in der September-Ausgabe von Hinz&Kunzt.
Der Fall beschäftigt jetzt auch die Politik
Die Sozialbehörde von Senatorin Melanie Leonhard (SPD) verwies darauf, dass im Nachhinein „nicht eindeutig zu klären“ wäre, ob Frank selbstständig in eine Hilfseinrichtung hätte gehen können. Für geschwächte Obdachlose würden aber „nach Rücksprache im Einzelfall auch Transportmöglichkeiten organisiert werden können“, sagte ein Sprecher. Sozial- und Innenbehörde sowie Polizei und Feuerwehr hätten sich bereits „sowohl zu diesem konkreten Fall als auch zu dem grundsätzlichen Sachverhalt ausgetauscht“.
Handlungsbedarf für erkrankte und sehr schwache Obdachlose sieht die sozialpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, Mareike Engels. Für sie müsse „die Versorgung durch unser Hilfenetz besser werden“, erklärte sie gegenüber Hinz&Kunzt. Wie das konkret aussehen könnte, ließ sie offen. Auch in der Opposition hat man das Problem erkannt, etwa in der CDU. Dort bleiben Lösungsvorschläge bislang aber aus. Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagte: „Der Fall ist dramatisch und zeigt die Lücken des Hamburger Hilfesystems auf.“ Sie will prüfen lassen, „inwieweit es Schulungsbedarfe bei der Polizei und den Rettungsdiensten im Umgang mit obdachlosen Menschen“ gibt und hat eine entsprechende Anfrage an den Senat gestellt.