Gedenkkonzert für den Akkordeonisten vom Spritzenplatz.
Jeder Ottenser kannte ihn, Marin Vasilev, den Akkordeonspieler aus der Fußgängerzone. Am 13. Mai ist er im Alter von 54 Jahren an Herzversagen gestorben.
(aus Hinz&Kunzt 247/September 2013)
Mit den Spenden, die er bekam, wenn er mal griechische, mal türkische oder bulgarische Lieder spielte, half er seiner Familie in Dobritsch, die er regelmäßig besuchte. „Es gibt keine Arbeit in Bulgarien. Alle jungen Leute sind deshalb im Ausland. Geblieben sind nur die Alten – und die Kinder“, sagte Marin einmal. Vor zehn Jahren entschloss er sich, in Hamburg sein Glück als Straßenmusiker zu versuchen.
Zur Musik kam Marin über seinen Vater, der neben der Arbeit auf Hochzeiten und in Kaffeehäusern spielte. „Er hatte leider nie Zeit, mir etwas zu zeigen oder mit mir zu üben. Ich hab mir alles abgeguckt. In meiner Kinderzeit gab es bei uns kein elektrisches Licht: Also saß ich bei einer Kerze und habe geübt – bis ich das Lied konnte“, hatte er uns erzählt.
Schon der Großvater und Urgroßvater seien Musiker gewesen, erzählt uns Marins älterer Bruder. Auch er verdient als Straßenmusiker sein Geld in Hamburg. Aber er will nicht, dass wir seinen Namen veröffentlichen – aus Angst. „Marin wurde mehrmals sein Akkordeon weggenommen und er hat es erst wiederbekommen, als er viel Geld bezahlt hat“, sagt er. Es stimmt: Das Bezirksamt Altona hatte mehrmals das Akkordeon konfisziert, weil Marin sich nicht an die erlaubte Spieldauer von einer halben Stunde an einem Ort gehalten hatte. 80 Euro musste er immer bezahlen, um sein Instrument zurückzubekommen. Meist haben seine Freunde und Fans ihm geholfen, das Geld dafür zusammenzukratzen.
Einmal hatte Marin große Pläne. Zusammen mit anderen Musikern um Niko Isufi gründete er eine Band, Balkan Caravan. Das erste Konzert war vielversprechend. Aber die Gruppe brach wieder auseinander. Gerade Marin hatte keine Zeit zum Proben – er musste ja schnell Geld verdienen.
Kurz vor seinem Tod wurde Marin wegen Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert. Gegen den ausdrücklichen Rat des Arztes ging er wieder. „Der Arzt sagte noch: ,Wenn Sie jetzt gehen, kann ich nichts mehr für Sie tun‘“, erzählt der Bruder. Aber Marin war nicht krankenversichert und hatte offensichtlich Angst, die Rechnung nicht bezahlen zu können.
Nur wenige Tage später wurde er auf der Reeperbahn ohnmächtig. Schnell war ein Krankenwagen da, der Arzt kämpfte lange um sein Leben – vergeblich. Marin starb an Ort und Stelle. Viele Ottenser trauern um den freundlichen Mann mit dem Akkordeon. „Für mich bedeutete er ein Stück Zuhause“, schrieb uns eine Hinz&Kunzt-Leserin.
Niko Isufi und andere Musiker wollen mit einem Konzert an Marin erinnern. Marins Bruder wollte nach Marins Tod eigentlich keinen Fuß mehr nach Ottensen setzen. Aber fürs Konzert will er doch eine Ausnahme machen.
Text: Birgit Müller
Foto: Oswald Mökesch
Gedenkkonzert für Marin, Sa, 14. 9., 17–19 Uhr, Spritzenplatz. Musiker, die dort ebenfalls spielen wollen, können sich bei Niko Isufi (E-Mail: bunte_elephanten@yahoo.de) melden. Das eingespielte Geld soll an Marins Familie geschickt werden.Mehr über Marin und die Band Balkan Caravan lesen Sie unter www.hinzundkunzt.de/balkancaravan