Zwei Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch warten noch viele der Opfer und Hinterbliebenen auf Entschädigungen. Proteste vor KiK und NKD-Filialen in Hamburg.
Zum zweiten Jahrestag des Einsturzes der Kleiderfabrik Rana Plaza in Bangladesch protestiert die Kampagne für Saubere Kleidung Hamburg am Donnerstag vor den Bekleidungsmärkten von NKD und KiK in Hamburg-Barmbek. NKD habe noch nichts in den Entschädigungsfonds für die Opfer eingezahlt, und auch KiK geize mit Einzahlungen, teilte das Frauenwerk der Nordkirche mit.
Die Hamburger Gruppe protestiert vor den Geschäften stellvertretend für alle deutschen Firmen, die im Rana-Plaza-Gebäude produzieren ließen. „Zwei Jahre nach dem Unglück noch immer keine Zahlungen geleistet zu haben, ist für die deutschen Firmen eine Schande. Sie steigern die Umsätze und sind auf Expansionskurs auch auf Kosten der Opfer und der Näherinnen in den globalen Nähfabriken“, sagte Waltraud Waidelich von der Kampagne für Saubere Kleidung.
Dem Entschädigungsfonds fehlen noch sechs von insgesamt 30 Millionen US-Dollar, die von der International Labor Organisation (ILO) als Entschädigungssumme gefordert waren. Doch nicht alle Unternehmen, die in der Fabrik Kleidung produzieren ließen, haben einen Beitrag geleistet. Erst vor wenigen Tagen hat Benetton nach massivem Druck angekündigt rund 1 Million Euro einzahlen zu wollen. „Das ist zu immer noch wenig und kommt zwei Jahre nach dem Unglück für die Betroffenen sehr spät“, so Waidelich.
Deutsche Firmen drücken sich um Zahlungen
Von den sechs deutschen Unternehmen, die in moralischer Verantwortung stehen, haben drei noch kein Geld in den Fonds eingezahlt und drei nach Einschätzung der Hilfsorganisation Inkota zu wenig. KiK hat 875.300 Euro überwiesen, die Firma Güldenpfennig 437.650 Euro und die Norderstedter Firma Kappa 43.765 Euro. Die Unternehmen Adler Modemärkte, Kanz – Kids Fashion Group und NKD haben sich nach Angaben der Hilfsorganisation bislang um jede Zahlung gedrückt.
Die Firmen Kanz – Kids Fashion Group und Güldenpfennig ließen wiederholte Nachfragen von Hinz&Kunzt unbeantwortet. KiK ließ wissen, das Unternehmen habe „die Entwicklung des Rana Plaza Treuhandfonds von Anbeginn mitgestaltet“. Nun sehe es „die lokalen Partner … in der Pflicht, einen entsprechenden Beitrag zu leisten“. Politik und Medien sollten daher „den Druck auf die Lokalverantwortlichen erhöhen“, um in Bangladesch „eine betriebliche Unfallversicherung zu etablieren“. Kappa verwies darauf, dass die Firma nur einen Auftrag „in einem begrenzten Zeitraum von wenigen Wochen in der durch den Einsturz betroffenen Fabrik … produzieren ließ“, der vor dem Unglück abgeschlossen worden sei. Die Spende sei „Ausdruck unseres Mitgefühls“.
Die Adler Modemärkte teilten mit, sie hätten „zu keinem Zeitpunkt Geschäftsverhältnisse mit Firmen aus dem Rana-Plaza-Komplex“ gehabt. Das Unternehmen werde nur deshalb im Kontext des Unglücks genannt, „weil ein Lieferant vertragsbrüchig gehandelt hat und ohne Wissen zwei Aufträge an einen Betrieb im Rana Plaza weitergegeben hat“. Und die Firma NKD verwies auf eigene Untersuchungen vor Ort und erklärte: „NKD hat zum Unfallzeitpunkt bei keinem der in Rana Plaza ansässigen Unternehmen produzieren lassen.“
Bislang haben laut Inkota erst 40 Prozent der Betroffenen Geld ausbezahlt bekommen. Die Hilfsorganisation fordert „klare Haftungspflichten für Unternehmen, damit diese für die Entschädigung der Opfer der vernachlässigten Sorgfaltspflicht aufkommen“. Die Fabrik Rana Plaza war zum Zeitpunkt des Unglücks völlig überfüllt und marode. Solche Zustände sind in Billiglohnländern wie Bangladesch, in denen Modekonzerne wegen der niedrigen Kosten gerne produzieren lassen, weit verbreitet. Bei dem Einsturz der Textilfabrik im April 2013 waren 1138 Menschen ums Leben gekommen, weitere 2400 wurden verletzt.
Text: Ulrich Jonas/epd
23. April, 17 Uhr Proteste vor den Bekleidungsmärkten von NKD und KiK in Hamburg Barmbek in der Fuhlsbüttler Str. 177 und 184.
Mehr Infos unter www.saubere-kleidung.de und www.ranaplaza-arrangement.org