Zimmermädchen : Plakate gegen Dumpinglöhne

Der Dehoga und eine Beratungsstelle wollen die Ausbeutung von Zimmermädchen mit einer Kampagne bekämpfen. Lohndumping ist im Hotelreinigungsgewerbe verbreitet: Allein in Hamburg haben in den vergangenen zwei Jahren rund 600 Zimmermädchen Hilfe  gesucht.

Hinz und Kunzt
Innenansicht aus dem Hotel Madison. Es ist eins der Häuser, von denen die Zimmermädchen mit einem festen Stundenlohn bezahlt werden – und nicht nach Akkord

Sie arbeiten 30, 40 oder mehr Stunden die Woche, bekommen aber nur 20 bezahlt: Das ist die Realität vieler Zimmermädchen in Hamburg. Oft stammen sie aus dem Ausland und sind froh, überhaupt Arbeit gefunden zu haben. Die deutsche Sprache beherrschen sie selten, wer ihnen helfen könnte, wissen sie meist nicht. Damit soll nun Schluss sein: Mit einer gemeinsamen Plakataktion wollen die Beratungsstelle Arbeitnehmerfreizügigkeit von Arbeit und Leben und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Hamburg die Ausbeutung von Zimmermädchen durch Subunternehmer bekämpfen.

Die DIN-A-2 großen Plakate sollen bald „flächendeckend“ in Hamburgs Hotels hängen, so Dehoga-Geschäftsführerin Ulrike von Albedyll gegenüber Hinz&Kunzt. Die ersten 30 habe sie bereits unter Hotelbetreibern verteilt. „Die Resonanz war ausschließlich positiv.“

Bemerkenswert: Die Kosten für den Druck der insgesamt 1000 Plakate (230 Euro) trägt die Beratungsstelle Arbeitnehmerfreizügigkeit – die auch den Großteil der redaktionellen Arbeit und die Übersetzungen geleistet hat. „Wir hätten uns gerne an den Kosten beteiligt“, erklärte Dehoga-Geschäftsführerin von Albedyll. „Aber wir haben kein Geld.“ Der Dehoga Hamburg vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 5000 Betrieben in der Hansestadt.

Da viele Zimmermädchen aus Ost- und Südosteuropa stammen, informiert das Plakat nicht nur in deutscher, sondern auch in polnischer, rumänischer und bulgarischer Sprache darüber, dass Reinigungskräften in Westdeutschland ein Lohn von mindestens 9,31 Euro brutto die Stunde zusteht. Lohnansprüche könnten bis zu sechs Monate im Nachhinein geltend gemacht werden, heißt es weiter. „Deshalb notieren Sie unbedingt, wann Sie mit der Arbeit beginnen und wann Sie sie beenden.“ Im Rahmen der Kampagne sollen Experten der Beratungsstelle auch in Hotels gehen und Zimmermädchen vor Ort über ihre Rechte informieren. „So können wir hoffentlich mehr Druck aufbauen“, sagte Dehoga-Geschäftsführerin von Albedyll.

Kampagnenplakat (zum Vergrößern klicken)
Kampagnenplakat

Rund 600 Hamburger Zimmermädchen haben in den vergangenen beiden Jahren Hilfe bei der Beratungsstelle Arbeitnehmerfreizügigkeit gesucht, weil sie um Lohn betrogen wurden. Nicht selten mussten die Berater das Arbeitsgericht bemühen, um wenigstens einen Teil der rechtmäßigen Bezahlung für die Betroffenen zu erstreiten. Denen wird meist in ihrem Arbeitsvertrag der Mindestlohn zugesichert. Bezahlt werden sie aber nach der Zahl der Zimmer, die sie geputzt haben – was im Ergebnis zu Stundenlöhnen von unter drei Euro führen kann. „Das Problem ist oft die Beweislage“, so Rüdiger Winter, Leiter der Beratungsstelle. „Haben die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten aufgeschrieben? Gibt es Zeugen?“ Auseinandersetzungen vor Gericht enden wie beim deshalb meist mit einem Vergleich. Im April 2013 beispielsweise zahlte eine Hotelreinigungsfirma mehrere tausend Euro an polnische Wanderarbeiter nach, die unter anderem im Hotel Radisson Blu geputzt hatten.

Das Problem ist hausgemacht: Viele Hotelbetreiber haben Fremdfirmen mit der Reinigung ihrer Zimmer beauftragt, um Kosten zu sparen. Dass viele Subunternehmer in diesem Gewerbe systematisch ihre Mitarbeiter ausbeuten, wurde von Hinz&Kunzt in drei Reports dokumentiert und ist inzwischen allgemein bekannt. Der Betrug läuft jedoch unvermindert weiter: Decken Berater und Journalisten Fälle von Ausbeutung auf, verweisen Hotelbetreiber meist darauf, sie würden ihre Dienstleister so weit wie möglich überprüfen – und somit keine Verantwortung für Dumpinglöhne tragen.

Was Hoteliers Subunternehmern im Einzelfall für die Reinigung ihrer Zimmer bezahlen, gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Branche. Insider behaupten, dass manche Hotelbetreiber die Ausbeutung ihrer Zimmermädchen zumindest billigend in Kauf nehmen. Entsprechende Hinweise fand vor einigen Jahren der Münchner Zoll – und verhängte gegen mehrere hochpreisige Hotels Bußgelder.

In Hamburg haben Hoteliers offenbar wenig zu befürchten, und das Interesse am Kampf gegen Dumpinglöhne war in der Vergangenheit eher gering: Als der Dehoga 2007 nach Medienberichten ein Gütesiegel für Hotels einführen wollte („In diesem Hotel wird für tarifgerechte Löhne gesorgt“), schlossen sich nicht mal die Hälfte der Hamburger Hotelbetreiber der Aktion an.

Der Zoll, verantwortlich für die Ahndung von Verstößen gegen Mindestlöhne, konnte auf Anfrage bislang nicht sagen, in wie vielen der gut 300 Hamburger Hotels die Bezahlung der Zimmermädchen in den vergangenen Jahren überprüft wurde und mit welchem Ergebnis. Unbekannt ist auch, ob in der Stadt je ein Reinigungsunternehmer verurteilt wurde, der Menschen zu Dumpinglöhnen beschäftigt hat. Anders als die Kollegen in anderen Städten informiert der Hamburger Zoll jedenfalls nicht über entsprechende Verfahren. Vor anderthalb Jahren hatte die Bundesfinanzdirektion Nord auf Fragen von Hinz&Kunzt erklärt, sie könne entsprechende Daten „leider nicht zur Verfügung stellen“.

Text: Ulrich Jonas
Foto: Mauricio Bustamante

Das Plakat zur Kampagne gegen Dumpinglöhne zum Download (PDF)