Als James Bowen noch drogensüchtig und obdachlos war, hat er sich Weihnachten oft einsam gefühlt. Mit Musik und dem Verkauf des Straßenmagazins „The Big Issue“ hielt er sich damals leidlich über Wasser. Alles änderte sich, als er Kater Bob traf: einen Streuner wie er selbst. Wir haben James in London angerufen. Bob lag derweil neben ihm auf der Couch.
Hinz&Kunzt: Dein neues Buch „Ein Geschenk von Bob“ ist direkt auf die Nummer 1 der Spiegel-Bestsellerliste geschossen. Dabei warst du überhaupt kein Fan von Weihnachten, bevor du Bob getroffen hast, richtig?
James Bowen: Ja, richtig. Wenn du auf der Straße lebst, freust du dich nicht wirklich auf Weihnachten, um ehrlich zu sein. Alle anderen Menschen laufen herum mit strahlenden Gesichtern und sind in festlicher Stimmung. Ich wiederum musste zusehen, dass ich einfach nur überlebte. Ich hatte ja kaum Geld.
Viele Menschen spüren besonders an Weihnachten, dass sie einsam sind. Kannst du dieses Gefühl nachvollziehen?
Ja, total, zu 100 Prozent. Du fühlst dich so isoliert, weil alle mit ihrem Kopf ganz woanders sind.
Waren die Leute vor Weihnachten spendabler?
Manchmal war es tatsächlich so. Aber hauptsächlich habe ich eine größere Spendierfreude gemerkt, als ich mit Bob loszog: Er war definitiv ein Publikumsmagnet, das kann ich nicht abstreiten (lacht). Die Leute haben sich total gefreut: „Schau mal! Eine Katze, die eine Weihnachtsmütze anhat, wie süß!“.
Bevor du eine kleine Sozialwohnung in London bekommen hast, warst du obdachlos. Wo hast du damals geschlafen?
Es gab da diese Wandnische nahe einer Hotelküche. Aus den Entlüftungsrohren kam warme Luft, da habe ich mich normalerweise hingelegt. Das war meine Lieblingsplatte im Winter.
Dein erstes gemeinsames Weihnachten mit Bob hast du schon in deiner Wohnung verbracht. Wie haben sich die Feiertage durch Bob verändert?
Plötzlich saß ich nicht mehr allein vorm Fernseher, sondern hatte durch ihn eine warme, liebevolle Umgebung. Wir haben uns ums Essen gekümmert, wir haben zusammen gespielt. Ich war glücklich, Weihnachten mit einem Freund zu verbringen. Ich bin zwar damals auch manchmal zu meinem Vater gegangen, aber das würde ich nicht familiär nennen: Ich habe einfach nur so viel gegessen, wie ich konnte. Jetzt mit Bob ist Weihnachten wirklich wundervoll.
Für Bob ist jeden Tag Weihnachten: Er kriegt wahnsinnig viel Fanpost mit Geschenken, oder?
Ich bin mir sicher, dass ich aus all den geschenkten Schals für Bob einen großen stricken könnte, der einmal quer durch Europa reichen würde! Es ist verrückt. Er bekommt Schals, Geschenke und Leckerlis von überall auf der Welt: Alles total schön eingepackt und mit Karten versehen. Viele bekommen wir auch aus Deutschland.
Bei all der Zuneigung für deinen Kater: Denkst du manchmal, dass die Leute Tiere wichtiger nehmen als ihre Mitmenschen?
Ich merke es schon, dass die Leute sich mehr für Bob interessieren als für mich, aber das ist o.k. Einer ohne den anderen: Das würde nicht funktionieren. Ich war ja sehr lange allein auf der Straße und total unsichtbar. Aber als wir beide uns gefunden haben, entstand diese besondere Partnerschaft. Manchmal kommen auch Leute und kritisieren, dass ich Bob im Gedrängel anleine. Sie sagen: „Du hältst deine Katze an einer Leine, das ist nicht gut.“ Ich entgegne dann immer: „Es ist zu seinem Schutz. Außerdem bleibt er auch ohne Leine immer bei mir.“
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Weitere InformationenDu unterstützt die Tierhilfsorganisation Blue Cross, die Tiere von Menschen behandelt, die sich den Arzt nicht leisten können.
Ja, aber ich unterstütze jede Hilfsorganisation, ob Blue Cross oder andere, ganz egal. Wer immer nach meiner Unterstützung fragt, den unterstütze ich, weil ich gern etwas zurückgeben möchte.
Wie alt ist Bob jetzt eigentlich?
Achteinhalb schätze ich. Als ich ihn 2007 fand, war er ungefähr ein Jahr alt.
Machst du dir darüber Gedanken, wie es sein wird, wenn Bob mal nicht mehr lebt?
Bob wird immer da sein: Er ist in jeder einzelnen Bibliothek auf dieser Welt. Ich weiß, er wird nicht ewig leben, aber er wird für immer in meinem Herzen sein. Ich genieße jeden einzelnen Tag, jeden kleinen Moment, den wir zusammen verbringen.
Gibt es schon Pläne fürs neue Jahr?
Wir überlegen, auch einmal nach Deutschland zu kommen. Bob würde die Reise nichts ausmachen, er liebt das Reisen!
Und was ist dein Wunsch zu Weihnachten?
Weltfrieden wäre nicht schlecht (lacht) und Frieden für alle Menschen und Tiere. Ach, weißt du: Ich überlasse es dir. Denk dir einfach etwas Schönes aus. Frohe Weihnachten!
Mehr über die Geschichte von James und Bob lesen Sie in unserem Sonderheft „Tierisch gute Freunde“, das Sie für 6,80 Euro bei Ihrem Hinz&Kunzt-Verkäufer bekommen oder in unserem Online-Shop. Das Buch „Ein Geschenk von Bob. Ein Wintermärchen mit dem Streuner“ von James Bowen ist im Oktober im Verlag Bastei Lübbe auf Deutsch erschienen, 8,99 Euro. James und Bob haben auch eine deutschsprachige Fanpage bei Facebook.
Text: Simone Deckner
Foto: ddp/Clara Molden