Wer mietet, ist laut einer neuen Studie weitaus häufiger von Armut bedroht als Eigentümer. Die Studienautoren appellieren an die Politik, mehr Sozialwohnungen zu bauen. Denn deren Zahl sinkt seit Jahren kontinuierlich.
Wer zur Miete wohnt, ist stärker armutsgefährdet als jemand, der im Eigentum lebt. Mieter haben eine so genannte Armutsrisikoquote von 29 Prozent. Zum Vergleich: Anfang der 90er Jahre waren es erst 16 Prozent. Doch seither sind die Mieten deutlich gestiegen.
Vor allem junge Mieter bis 35 Jahre sind armutsgefährdet. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hervor. Eigentümer sind hingegen weitaus seltener betroffen: Ihre Armutsrisikoquote liegt bei nur 4 Prozent. An diesem Wert hat sich seit Beginn der 90er Jahre nichts geändert.
Als armutsgefährdet gelten laut DIW Menschen, die 60 Prozent des mittleren Einkommens oder weniger zur Verfügung haben. „Gerade diesen Mieterhaushalten dürfte es immer schwieriger fallen, auf dem Mietermarkt entsprechend bezahlbare Mieten zu bekommen“, so Markus M. Grabka vom DIW. Das Institut empfiehlt der Politik, dem Bau von Sozialwohnungen „stärkere Priorität“ einzuräumen.
Sozialwohnungsbestand sinkt seit Jahren
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat in seiner Antrittsrede die Zahl von 3000 neuen Sozialwohnungen als Ziel ausgerufen. Zudem ist beschlossen, die Einkommensgrenze für Hamburger zu erhöhen, so dass diese leichter einen Paragraph-5-Schein erhalten können. Dieser berechtigt zum Bezug einer Sozialwohnung.
„Es müssen deutlich mehr als 5000 Sozialwohnungen pro Jahr gebaut werden“, fordert hingegen Klaus Wicher, Landesvorsitzender Hamburg des Sozialverbands Deutschland. Nur so könne sich der Bestand wieder erholen.
Das Problem: Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt seit Jahren: Bundesweit waren es zum Jahresende 2016 noch 1,24 Millionen. Zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als 2 Millionen.
Weniger als 80.000 Sozialwohnungen in Hamburg
In Hamburg gibt es nur noch rund 79.000 Sozialwohnungen. Und das, obwohl der Neubau von Sozialwohnungen in Hamburg derzeit auf Rekordhoch ist. Das Problem: Jedes Jahr fallen auch tausende Sozialwohnungen aus der Preisbindung. Diese dürfen auf dem freien Markt dann weitaus teurer vermietet werden, sprich: das Angebot an bezahlbarem Wohnraum sinkt weiter.
Derzeit gilt für viele Sozialwohnungen eine Bindungsfrist von 15 Jahren. Zu kurz, argumentieren Kritiker. Im Paloma-Viertel wurde jüngst schon eine längere Frist von 20 Jahren vereinbart. Heike Sudmann von der Linken macht sich für einen 30-jährige Preisbindung stark. Und die Organisatoren der Großdemonstration „Mieten-Move“ am 2. Juni in Hamburg gehen sogar noch weiter. Ihre Forderung: Schafft die Bindungsfrist für Sozialwohnungen ganz ab!