Redakteur Benjamin Laufer kämpft gegen Unkraut in seinem Naturgarten. Klingt wie ein Widerspruch? Mitnichten!
Da, wo sich heute mein Hund glücklich auf dem Rasen wälzt, breitete sich letzten Sommer noch eine Distelwiese aus. Die in ein brauchbares Stück Garten zu verwandeln, war jede Menge Arbeit. Arbeit gegen die Natur: Meterlang zogen sich die Wurzelausläufer, die ich aus dem Boden holte. Hunderte Pflanzen verloren mithilfe des Distelstechers ihren Platz auf der Parzelle. Manchmal wuchsen schon neue, sobald ich ihnen kurz den Rücken zudrehte. Ich schwör’s! Der Distel-Rundgang wurde schnell zum Ritual. Aber je regelmäßiger ich ihn absolvierte, desto langsamer kamen neue Sprösslinge nach. Irgendwie auch befriedigend.
Gerade als ich mit den Disteln meinen Frieden gemacht hatte, streckten plötzlich lauter grüne Halme ihre Köpfe durch den Rindenmulch. Ackerschachtelhalm! Wie ich lernen musste, eins der hartnäckigsten Unkräuter überhaupt. In 1,50 Meter Tiefe erstrecken sich seine Wurzeln und bringen immer neue Triebe hervor. Manche rühmen das als „Wunder der Natur“, auf Social Media werden staunend Zeichnungen herumgereicht. Ja, Heilpflanze, dies und das, aber ey, doch nicht mitten in meinem Staudenbeet!
Dann ist da die Phacelia, ein sich wüst ausbreitendes Kraut, von der Fachpresse zum „Bienenfreund“ und „Must-have im naturnahen Garten“ verklärt. Dass ich nicht lache! Das Zeug wächst wirklich aus jeder Ritze. Schamlos hat es die Gelegenheit genutzt, sich überall auszusamen, als wir letzten Sommer das Grundstück umgegraben hatten. Wie viel Zeit es mich schon gekostet hat, das Freundchen auf die ihm zugedachten Flächen zu beschränken: Ich will es schon gar nicht mehr wissen.
Seien wir doch mal ehrlich: Die ganze Darwin-Sache, Survival of the Fittest und so weiter, ist großer Murks. Wo bleiben die zarten Pflänzchen, die ich ins Beet gesetzt habe, wenn Quecke und Labkraut sich rücksichtslos breitmachen? Um sie zu schützen, muss das Unkraut raus! Dass ich dafür stundenlang auf den Knien rutschend jäten würde, war so definitiv nicht geplant. Es muss aber sein. Denn natürlich ist auch ein Naturgarten eine Kulturlandschaft. Überließe ich die Parzelle sich selbst, sie würde sich im Nu wieder in eine Distelwiese verwandeln.
Was nicht heißen soll, dass Phacelia und Co. keinen Platz in meinem Garten haben. An drei Stellen habe ich mit heimischem Saatgut Blumen- und Kräuterrasen ausgesät, dem die scharfen Messer des Spindelmähers erspart bleiben. Das Blütenmeer wogt dort inzwischen kniehoch, und ich erfreue mich immer wieder neu daran – wie auch eine Schar Insekten, an denen sich wiederum die Sperlinge laben, die in der Wiese auf Beutefang gehen. Naturnah, ja. Aber wo das Zeug wachsen darf, bestimme immer noch ich. Dort aber blüht die Phacelia inzwischen mit voller Kraft – und sie ist wirklich wunderschön!