Die Sozialbehörde will Obdachlosigkeit effektiver bekämpfen und jeden Monat 40 Menschen von der Straße in eine Unterkunft vermitteln. Hinz&Kunzt begrüßt das – als ersten Schritt in die richtige Richtung.
Das hat beim damaligen Sozialsenator Detlef Scheele offenbar mächtig Eindruck hinterlassen: Im Juni sind wir mit ihm zusammen abends durch die Innenstadt gegangen und haben ihm die dramatische Situation der Obdachlosen gezeigt. „Wir müssen noch mal einen Schwerpunkt auf diesen Bereich setzen“ hatte er uns daraufhin im Interview gesagt und ein eigenes Wohnungs- und Obdachlosenreferat in seiner Behörde angekündigt.
Und tatsächlich tut sich etwas. Die Sozialbehörde will nun mehr Obdachlose in öffentliche Unterkünfte aufnehmen. „Es wurde die Erwartung formuliert, dass pro Monat bis zu 40 Plätze zusätzlich mit Wohnungslosen belegt werden“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer. Eine Erwartung, keine strikte Anweisung: Voraussetzung dafür ist nämlich, dass in der gleichen Zeit 40 Flüchtlinge aus den gemeinsamen Unterkünften ausziehen und so Platz für Obdachlose machen. „Den Auszug kann und soll das Belegungsmanagement von fördern & wohnen nicht forcieren“, so Schweitzer.
Schon seit dem Sommer sollen Plätze, die durch den Auszug von Wohnungslosen frei werden, wieder mit solchen belegt werden – und nicht mit Flüchtlingen, wie es zuvor oft gehandhabt wurde. Offenbar mit ersten Erfolgen: Im Juli konnten 48 Obdachlose in eine Unterkunft einziehen, im August immerhin 15. Insgesamt lebten im September 2668 Wohnungslose in den städtischen Unterkünften. Zum Vergleich: Ende 2014 waren es nur 2583, also 85 weniger als im September.
Natürlich reicht es nicht, die Obdachlosen von der Straße zu holen und in Unterkünfte zu vermitteln. „Das ist nur der erste Schritt in die richtige Richtung“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Der zweite muss jetzt sein, den Bewohnern der Unterkünfte Wohnungen zu verschaffen.“ Das gelingt allerdings immer weniger: Im vergangenen Jahr fanden nur 1200 wohnungslose Unterkunftsbewohner eine reguläre Wohnung. 2010 waren es noch 1676.
„Diesen Trend müssen wir dringend umkehren“, sagt Karrenbauer. Aus der Sozialbehörde heißt es immerhin, es seien weitere Schritte zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit geplant. Schweitzer: „Die Erörterungen sind aber noch nicht abgeschlossen.“
Text: Benjamin Laufer
Foto: Mauricio Bustamante