Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verstoßen sehr oft gegen das Gesetz: Mehr als jeder dritte Widerspruch dagegen hatte 2015 Erfolg. Und auch die Betreiber der Plattform „Sanktionsfrei“ vermelden ersten Erfolge im Kampf gegen die Sanktionen.
Sanktionen tun richtig weh: Kürzt ein Jobcenter den ohnehin schon knappen Hartz-IV-Satz, bringt das die Betroffenen in echte Probleme. Etwa 5.000 von 130.000 Hamburger Hartz-IV-Empfängern haben damit aktuell zu kämpfen. Schon eine Kürzung um 30 Prozent – noch die harmloseste Sanktionsstufe – bedeutet ein Abrutschen unter das Existenzminimum. Manchmal kürzt das Jobcenter die Leistungen sogar komplett, um dadurch so genannte Pflichtverletzungen der Leistungsempfänger zu bestrafen. Menschenunwürdig – finden Kritiker.
Und sehr oft kürzen die Jobcenter zu Unrecht, zeigt nun eine neue Statistik. Bundesweit hat 2015 mehr als jeder dritte Hartz-IV-Empfänger Recht bekommen, der gegen eine Sanktion Widerspruch eingelegt hatte. Von 51.099 Widersprüchen waren 18.604 teilweise oder ganz erfolgreich, immerhin 36 Prozent. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Noch erfolgreicher waren die Leistungsbezieher, die in 5867 Fällen wegen einer verhängten Sanktion vor Gericht zogen: Die Erfolgsquote lag hier sogar bei 40 Prozent. Linken-Fraktionsvorsitzende Katja Kipping sieht in den Zahlen den Beleg dafür, „dass die Sanktionspraxis in hohem Maße rechtswidrig ist“.
90.000 Euro für „Sanktionsfrei“
Einen ersten Erfolg hat unterdessen das Projekt „Sanktionsfrei“ verkündet. Die Initiative der Hamburger Linksfraktionsabgeordneten Inge Hannemann und des Grundeinkommen-Aktivists Michael Bohmeyer hat in sieben Wochen mehr als 90.000 Euro Spenden gesammelt und spricht von „einer der erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen in Deutschland.“ Nun beginne die Entwicklung der Plattform sanktionsfrei.de. Darüber sollen Hartz-IV-Empfänger Widersprüche und Klagen gegen Jobcenter abwickeln können – online unterstützt von Rechtsanwälten. Durch eine Flut von Widersprüchen soll so langfristig das „Sanktionssystem“ lahmgelegt werden.
Text: Benjamin Laufer
Foto: Kurt F. Domnik, pixelio