Am Samstag haben zahlreiche Hamburger auf dem Rathausmarkt der auf dem Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge gedacht und einen Wandel beim Umgang mit den Migranten gefordert. Die EU erntet erneut heftige Kritik an ihrer Abschottungspolitik.
Kerzen für tote Flüchtlinge: Zahlreiche Hamburger haben am Samstag den Flüchtlingen gedacht, die in der vergangenen Woche auf dem Mittelmeer ertrunken waren. Dazu hatte die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, aufgerufen. „Es ist fünf nach zwölf. Schon längst hätte gehandelt werden müssen“,sagte Jochims. „Wir wollen nicht wegsehen vor dem Leiden und Sterben der Flüchtlinge und ihrer gedenken.“
Beim EU-Sondergipfel in Brüssel haben die Staats- und Regierungschef unterdessen beschlossen, mehr Geld für den Kampf gegen das Flüchtlingselend auf dem Mittelmeer bereitzustellen: 9 statt bisher 3 Millionen Euro monatlich. Das Geld geht an das umstrittene Programm Triton der Grenzschutzorganisation Frontex. „Frontex wurde geschaffen, um Flucht und Migration zu bekämpfen, nicht als europäische Seenotrettungsagentur“, so Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die EU mache damit „den Bock zum Gärtner.“
Diakonie-Präsident Ulrich Lille kritisierte Frontex ebenfalls: „Grenzsicherung und Maßnahmen gegen illegale Einwanderung vertragen sich nicht mit dem verbürgten Menschenrecht auf Asyl für Flüchtlinge in Europa.“ Doch: Auf die vielfach geforderte Neuauflage des Seenotrettungsprogramms Mare Nostrum konnten sich die 28 Staats- und Regierungsmitglieder nicht einigen.
„Was wir brauchen, ist eine europäische Operation, die ganz auf Seenotrettung eingestellt ist. Sie muss ein viel größeres Einsatzgebiet haben als Triton und mit mehr und den richtigen Schiffen, Hubschraubern, Flugzeugen und Personal ausgestattet sein“, kritisierte Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland.
Unterdessen haben schon 60 EU-Parlamentarier einen offenen Brief des österreichischen Grünen Michel Reimon unterschrieben. Sie drohen damit, den Haushalt zu blockieren, sollte es kein neues Seenotrettungsprogramm wie Mare Nostrum geben. Durch das ehemalige italienische Programm wurden rund 140.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet.
Video von der Anmesty-International-Aktion vor dem Bundeskanzleramt in Berlin am 23. April
Zudem will die EU organisierte Schlepperbanden stärker bekämpfen, indem sie deren Boote früher aufspürt und zerstört – notfalls mit militärischen Mitteln. Hierfür sei allerdings ein UN-Mandat nötig so Experten. Die Pläne stießen bei Pro Asyl auf Ablehnung: „Wer die Boote der Schlepper zerstört, trifft damit auch die Flüchtlinge“, warnte Burkhardt.
Bereits am Montag hatte die EU einen 10-Punkte-Plan präsentiert. Pro Asyl kritisierte, dass die EU-Vorschläge vornehmlich zur Abschreckung von Flüchtlingen dienten. Wer Flüchtlinge schützen wolle, müsse jedoch Menschen retten und legale Wege nach Europa öffnen.
Text: SIM
Foto: NurPhoto / Zuma Press / ap
25. April, Rathausmarkt, 12:05 Uhr, Mahnwache für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge