Bürgerschaft :
Linke will Winternotprogramm tagsüber öffnen

Mehr als 200 Obdachlose standen bereits am 1. November 2016 Schlange vor dem Eingang zum Winternotprogramm in der Münzstraße. Foto: Dmitrij Leltschuk

Am 1. November startet das Winternotprogramm. Die Linksfraktion fordert jetzt, allen Obdachlosen auch tagsüber Schutz in den Notunterkünften zu bieten.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

In der Bürgerschaft wird am Mittwoch über eine Tagesöffnung des Winternotprogramms für Obdachlose diskutiert. In den vergangenen Jahren hatten sich bereits Wohlfahrtsverbände und Hinz&Kunzt vergeblich dafür eingesetzt, dass Obdachlose nicht mehr länger bei kalten Temperaturen morgens auf die Straße geschickt werden.

Eine Online-Petition von Hinz&Kunzt mit der Forderung nach einer Tagesöffnung hatte bereits vor zwei Jahren mehr als 59.000 Menschen unterzeichnet. Umstimmen konnten sie die Sozialbehörde nicht. Jetzt hat die Linksfraktion einen gleichlautenden Antrag an die Bürgerschaft gestellt.

Faktencheck
Warum das Winternotprogramm ganztägig öffnen muss
Das Winternotprogramm kann nicht ganztägig geöffnet werden, sagt die Sozialbehörde. Unser Faktencheck zeigt: Stimmt nicht! Das haben wir juristisch prüfen lassen.

„Obdachlose Menschen werden in Hamburg auch bei deutlichen Minustemperaturen auf die Straße geschickt – egal, ob sie warme und wetterfeste Kleidung haben oder nicht“, sagt Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion.

„Das Winternotprogramm, so wie es bisher ist, wird der Realität vieler Obdachloser nicht gerecht. Viele sind durch ihre Lebenssituation physisch und psychisch erschöpft und brauchen auch tagsüber Ruhe, Wärme und Erholung.“

Osteuropäische Obdachlose wurden abgewiesen

In zwei Unterkünften am Baumwall und in Hammerbrook hält die Stadt auch in diesem Winter wieder etwa 800 Notschlafplätze für Menschen von der Straße bereit. Obwohl die Plätze im vergangenen Winter nicht ausgelastet waren, wurden erstmals Obdachlose vor allem aus Rumänien an der Tür abgewiesen und auf eine Wärmestube ohne Betten verwiesen. Die Sozialbehörde wollte mit dieser Maßnahme erreichen, dass die Menschen in ihre Heimat zurückkehren.

Tatsächlich hatten nach Beratungen des Unterkunftsbetreibers fördern und wohnen 117 Osteuropäer ein kostenloses Rückfahrtticket in die Heimat erhalten. Viele Menschen verblieben allerdings in Hamburg und schliefen fortan wieder auf der Straße, berichten Straßensozialarbeiter.

Bürgerschaft live

Ab 13.30 Uhr gibt es am Mittwoch, den 11.10., einen Livestream zur aktuellen Bürgerschaftssitzung.

„Für viele obdachlose EU-Bürger ist die Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht zumutbar“, kritisiert Özdemir. „Schließt man diese Gruppe vom Winternotprogramm aus, besteht Gefahr für Leib und Leben.“ Die Sozialbehörde hat bislang noch keine Stellungnahme veröffentlicht, ob erneut Menschen aus Osteuropa vor den Notunterkünften abgewiesen werden, weil sie in der Heimat eine Bleibe besitzen.

Das Winternotprogramm solle als niedrigschwelliges Hilfsangebot fortbestehen und somit allen bedürftigen Menschen Hilfe bieten, fordert daher jetzt die Linksfraktion-Abgeordnete Özdemir.

 

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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