Neue Mietobergrenzen :
Was Wohnen für Hartz-IV-Empfänger kosten darf

Ab sofort gelten in Hamburg neue Miethöchstwerte für die Wohnungen von Hilfeempfängern. Diese Anpassung ist die erste seit mehr als drei Jahren und war überfällig. Doch das Ergebnis ist enttäuschend.

Durch eine neue Berechnung steigen nicht für alle Wohnungen die Obergrenzen, sie sind zum Teil jetzt sogar niedriger.

Die neuen Miethöchstwerte ab März 2016 finden Sie hier.

Die Sozialbehörde hat zum 1. April 2012 die neue Fachanweisung zu den Kosten der Unterkunft für Hilfeempfänger veröffentlicht. Die Anweisung enthält eine Tabelle mit der je maximal angemessenen Nettokaltmiete, abhängig von der Anzahl der Personen, die in einer Wohnung wohnen. Die Werte orientieren sich laut Sozialbehörde am Hamburger Mietenspiegel 2011 (Werte für normale Wohnlage).

Die Kaltmiete für eine Person, die Sozialleistungen bezieht, darf nunmehr bis zu 327 Euro betragen. Das gilt ab sofort unabhängig von der Baualtersklasse. Bisher gab es unterschiedliche Höchstwerte je nach Alter der Häuse. Die neue Berechnung bedeutet für Hilfeempfänger mitunter eine Verschlechterung: Die Werte waren früher zum Teil höher, durften zum Beispiel bei Altbauten (Baualtersklasse bis 1918) bis zu 358 Euro für eine Person betragen, für Neubauten gar 382,50 Euro. Die Konsequenz, so Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg: „Hilfeempfänger werden jetzt aus Stadtteilen ferngehalten, in denen es überwiegend Alt- und Neubauten gibt, aber kaum Wohnungen der günstigen Baualtersklassen 1948 bis 1961. Das sind zum Beispiel St. Pauli oder Eppendorf.“

Die neuen Werte betragen im Einzelnen:

bis zu 327 Euro Nettokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt
bis zu 392,40 Euro Nettokaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt
bis zu 493,50 Euro Nettokaltmiete für einen Drei-Personen-Haushalt
bis zu 559,30 Euro Nettokaltmiete für einen Vier-Personen-Haushalt
bis zu 659,60 Euro Nettokaltmiete für einen Fünf-Personen-Haushalt
bis zu 741 Euro Nettokaltmiete für einen Sechs-Personen-Haushalt
jede weitere Person: plus 81,60 Euro

Der Mieterverein zu Hamburg ist von der neuen Fachanweisung insgesamt enttäuscht. „Da wurde zwar eine Veränderung vorgenommen“, sagt der zweite Vorsitzende Siegmund Chychla zu Hinz&Kunzt. „Die Anpassung entspricht aber längst nicht der tatsächlichen Steigerung der Mietpreise um zehn Prozent seit der letzten Anpassung.“

Wichtig zu wissen: Die Fachanweisung sagt Hilfeempfängern einen Bestandsschutz zu. Demach sind „die zuvor als angemessen anerkannten Kosten für die Nettokaltmiete weiter als angemessen zu übernehmen“. Das gilt auch für etwaige Mieterhöhungen. Das heißt: Wessen Kaltmiete die neuen Höchstwerte überschreitet, wird nicht zum Umzug aufgefordert, wenn die Miete nach der alten Fachanweisung angemessen war, so die Behörde. Doch Siegmund Chychla befürchtet, dass trotz dieser Bestandsschutzregelung mittel- und langfristig „Hilfeempfänger aus bestimmten Stadtteilen nicht nur ferngehalten werden, sondern Schwirigkeiten haben werden, ihre Wohnungen zu halten, wenn sie schon dort wohnen“.

Auch die sozialpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion Katharina Fegebank kommentiert die neue Fachanweisung kritisch: „Die Stadt wird damit nicht dem sozialpolitischen Ziel gerecht, in Hamburgs Wohngebieten eine möglichst sozialverträgliche und vielfältige Bewohnerstruktur zu erreichen.“ Fegebank fordert, „für einzelne Stadtteilen eine Anhebung des Toleranzwertes zu prüfen“. In einem parlamentarischen Antrag verlangt die Fraktion, dass in 52 Stadtteilen, in denen weniger als zehn Prozent Hilfeempfänger wohnen, eine Überschreitung des Höchstwertes um bis zu 15 Prozent toleriert werden soll. Bisher liegt der Wert der maximalen Überschreitung bei zehn Prozent.

Weitere Infos finden Sie direkt in der Fachanweisung mit den neuen Miethöchstwerten und den 52 Stadtteilen, in denen die Höchstwerte überschritten werden dürfen.

Lesen Sie auch: Die „Höchstwerte“ für die Kosten der Unterkunft von Hilfeempfängern haben einen falschen Namen. Denn der Einzelfall entscheidet, ob die Miete angemessen ist.

Text: Beatrice Blank
Foto: Christoph Bellin/ bildarchiv-hamburg.de

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