Energiearmut :
Kampagne fordert Soforthilfen von Stadt

Energiekosten-Zuschüsse für Geringverdienende: das fordert die Kampagne „Hamburg traut sich was“ von der Stadt. Foto: Axel Hoffmann / pixelio.de.

Angesichts explodierender Strompreise fordert die Kampagne „Hamburg traut sich was“ die Stadt zum Handeln auf: Mindestens 50 Euro monatlich zusätzlich solle das Jobcenter Geringverdienenden ab sofort überweisen, damit die nicht bald im Dunkeln sitzen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Eine gute Nachricht, die es (noch?) nicht gibt, soll die Bürgerschaftsmitglieder überzeugen: „Hamburg übernimmt die Energiekosten für Empfänger:innen von Sozialleistungen“, steht auf Postkarten geschrieben, die den Abgeordneten aller Fraktionen am Montag zugestellt worden sind. „Angesichts der horrend steigenden Stromkosten zeigt Hamburg praktischen Respekt“, heißt es weiter. Deshalb zahle das Jobcenter Hartz-IV-Beziehenden ab sofort eine monatliche Soforthilfe von „mindestens 50 Euro“, so die Kampagne „Hamburg traut sich was“, die den Text verfasst und die Karten verschickt hat.

Tatsächlich ist das noch Wunschdenken: Menschen mit geringen Einkommen bleiben bislang auf den explodierenden Stromkosten sitzen. Die Berliner Ampel-Koalition hat zwar angekündigt, staatliche Abgaben weiter zu senken, um so den Preisanstieg zu bremsen. Doch sind die Beträge, die die Ämter Hilfeempfänger:innen für deren Stromrechnung zahlen, seit Jahren viel zu niedrig. So hat eine Analyse des Vergleichsportals Verivox jüngst ergeben, dass Hartz-IV-Beziehende in Hamburg jährlich bis zu 185 Euro an anderer Stelle einsparen müssen, um ihre Stromrechnung begleichen zu können. Zudem ist der Markt in Aufruhr: Mehrere Anbieter gingen zuletzt pleite, andere nutzten die günstige Gelegenheit, um ihre Preise saftig zu erhöhen.

„Es ist gut, wenn die Ampel-Koalition in Berlin den Klimawandel bekämpfen will“, sagt Wolfgang Völker von „Hamburg traut sich was“ zu den Plänen der neuen Bundesregierung. „Doch man muss auch auf die soziale Situation von Menschen mit geringem Einkommen Rücksicht nehmen.“ Die geplante Abschaffung der sogenannten EEG-Umlage helfe den Betroffenen nicht. „Die brauchen jetzt eine Förderung.“ Die könne in „einem mutigen Schritt“ auch die Stadt leisten. Ziel der Aktion sei es deshalb, „dass Hamburg einen Schutzschirm aufspannt“. Perspektivisch, fordert Völker, sollten die Ämter bundesweit die tatsächlichen Stromkosten übernehmen und auch Mehrbedarfe für Haushalte anerkennen, die ihr Warmwasser aus Boilern oder Durchlauferhitzern erhalten.

Strompreis steigt schneller als Hartz IV

Anders als bei Heiz- oder Wasserkosten berücksichtigt das Jobcenter beim Strom nicht den realen Bedarf. Die Kosten sind Teil des Regelsatzes und müssen von den Hilfeemfpänger:innen deshalb selbst bezahlt werden. Das Problem: Während der Regelsatz seit der Einführung von Hartz IV 2005 schrittweise um rund 30 Prozent gestiegen ist (von 345 auf derzeit 449 Euro), verteuerte sich Strom um durchschnittlich 85 Prozent.

Das Ausmaß der Energiearmut dokumentieren seit Jahren die Statistiken zu Stromsperren: Allein in Hamburg wurde in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 4945 Haushalten der Strom abgeklemmt (aktuellere Zahlen liegen nicht vor, Red.). Einen Antrag der Linksfraktion, Energiesperren in Hamburg auszusetzen und einen Zuschlag für Hilfeempfänger:innen zu prüfen, hatten alle anderen Parteien zuletzt vergangenen November in der Bürgerschaft abgelehnt – bemerkenswert vor allem mit Blick auf SPD und Grüne, die auf Bundesebene jüngst wiederholt einen Stromsperren-Stopp angemahnt haben.

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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