Hauptbahnhof :
Kamera hier, trinken dort

Christian Linkogel, Leiter der Hamburger Bundespolizei (v.l.), Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Falk Schnabel aktivieren die neuen Kameras symbolisch. Foto: Luca Wiggers

Nach dem Erlass des Waffen- und Alkoholkonsumverbots wird jetzt der Vorplatz des Hauptbahnhofs nahezu vollständig videoüberwacht. Derweil ist die Trinkerszene offenbar nur wenige Meter weiter mitten in den Stadtteil St. Georg gezogen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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24 neue Kameras filmen seit Mittwoch das Geschehen vor dem Hamburger Hauptbahnhof auf dem Hachmann- und Heidi-Kabel-Platz. Sie gesellen sich zu den mittlerweile rund 200 Kameras, die seit 2012 nach und nach im Hauptbahnhof aufgehängt wurden. Die Anschaffung und Installation der neuen Kameras habe etwa 1,2 Millionen Euro gekostet, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vor Ort. Die Polizei erhofft sich von ihnen neben der frühzeitigen Erkennung von Straftaten einen abschreckenden Effekt auf „potenzielle Störer und Straftäter”, sagte Polizeipräsident Falk Schnabel. Das Verbot des Trinkens von Alkohol außerhalb der Bahnhofsgaststätten und die sogenannten Quattro-Streifen – bestehend aus Polizist:innen sowie Sicherheitskräften der Bahn und der Hochbahn – würden diese Wirkung bereits erzielen, sagte Grote. 

Die Maßnahmen seien „Erfolgsmodelle“. Der Hauptbahnhof habe durch sie eine „höhere Aufenthaltsqualität“ bekommen. „Man möchte zwar morgens immer noch nicht seine Picknickdecke hier in der Sonne ausbreiten, aber die Lage hat sich im Vergleich zu vor zwei Jahren schon spürbar verbessert”, sagte der Senator.  

Sichtbare Veränderung am Hansaplatz

Dass sich die Trinkerszene nicht in Luft aufgelöst hat, sondern sich jetzt unter die Anwohnenden am Hansaplatz in St. Georg mischt, beobachtet derweil Grotes Parteikollege Markus Schreiber. „Es sind – vor allem bei gutem Wetter – deutlich mehr Alkohol trinkende Menschen geworden und daraus haben wir gefolgert, dass es eine Verdrängung vom Hauptbahnhof gibt“, sagt der Chef des Bürgervereins zu St. Georg und Bürgerschaftsabgeordnete gegenüber Hinz&Kunzt.  

Auch Gudrun Greb, Geschäftsführerin von Ragazza, einer Anlaufstelle für drogenkonsumierende und Sexarbeit nachgehenden Frauen in St. Georg, bemerkt eine Veränderung rund um den Hansaplatz. „Dass sich so viele Menschen an der Brennerstraße aufhalten, lagern und konsumieren, so etwas habe ich in den letzten 20 Jahren noch nie erlebt”, sagt Greb. Dass sich immer mehr alkohol- und drogenkranke Menschen jetzt in den Nebenstraßen abseits der Kameraüberwachung aufhalten, liege auch an der starken Präsenz der Quattro-Streifen und der Sozialraumläufer:innen. Deshalb versuchen die Menschen an Orte auszuweichen, an denen sie nicht permanent belästigt werden“, so Greb.  

Ob die benannte Verdrängung tatsächlich stattfinde, werde man sich sorgfältig ansehen“, sagte der Innensenator auf Nachfrage von Hinz&Kunzt. Er sei noch unsicher, ob es der richtige Weg sei, ein Alkoholkonsumverbot auch auf dem Hansaplatz einzuführen. Dafür werde man die Evaluation der Maßnahme am Hauptbahnhof abwarten müssen, die spätestens im April 2026 erfolgen soll. Grundsätzlich ausschließen werde er es aber nicht. Bislang wurden seit der Einführung des Verbots am 1. April bis Ende Juli 45 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

Innensenator befürwortet „Trinkraum“

Für den richtigen Weg halte er aktuell einen sogenannten Trinkraum, einen Ort, an dem Menschen selbst mitgebrachten Alkohol konsumieren können. „Die Maßnahme klingt plausibel“, sagte der Innensenator. „Wir brauchen konsumtolerante Angebote.“  

Der Chef des Bürgervereins zu St. Georg, Markus Schreiber, hat eine klare Vorstellung, wie sich die Situation verbessern könnte: Das Alkoholkonsumverbot sollte in Richtung Bremer Reihe, Ellmenreichstraße und Hansaplatz ausgeweitet werden, kombiniert mit einem Trinkraum in der Repsoldstraße 27. 

Die Sozialbehörde entwickelt derweil ein Konzept für das Gebäude in der Repsoldstraße 27, das der städtische Unterkunftsbetreiber Fördern & Wohnen gekauft hat. Er soll dort Aufenthalts- und Schlafmöglichkeiten für Suchtkranke und Obdachlose schaffen. Den Vorschlag für die Schaffung eines konsumtoleranten Raumes lasse sie in die Überlegungen mit einfließen, erklärte die Sozialbehörde auf Nachfrage von Hinz&Kunzt. 

Autor:in
Luca Wiggers
Luca Wiggers
1999 in Hannover geboren, hat dort Germanistik und Anglistik studiert und ist Anfang 2022 nach Hamburg gezogen. Seit Juni 2023 Volontärin bei Hinz&Kunzt.

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