Jugendliche unbegleitete Flüchtlinge ziehen ab Mai in das ehemalige Winternotprogramm. Hunderte Obdachlosen hingegen wird weiterhin die Unterstützung versagt. Hinz&Kunzt fordert, die weiteren Standorte jetzt für Obdachlose zu öffnen.
Im Winter schliefen hier Obdachlose, jetzt ziehen Flüchtlinge ein. In einem ehemaligen Schulgebäude in Marienthal bringt die Sozialbehörde unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter. Bis Ende März gehörten die Klassenzimmer zum Winternotprogramm für Obdachlose. Doch das Flüchtlingsheim an der Feuerbergstraße in Alsterdorf ist völlig überlastet. Dort leben derzeit 150 junge Menschen, die alleine nach Deutschland kamen oder ihre Eltern während der Flucht verloren. 28 junge Flüchtlinge müssen derzeit gar in der Turnhalle schlafen. Um die Situation zu entlasten, soll ein Teil der Jugendlichen Anfang Mai die ehemaligen Klassenräume in der Hammer Straße beziehen.
„Ich finde es richtig, dass jungen Flüchtlingen geholfen wird“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Flüchtlinge, aber auch Obdachlose, bräuchten mehr Unterstützung. Während Flüchtlinge in völlig überfüllten Containerdörfern ausharren, bleibt vielen Wohnungslosen nur die Straße. Die Diakonie geht davon aus, dass inzwischen 2000 Obdachlose in der Hansestadt Platte machen. „Der neue Senat muss eine Art Masterplan erstellen, damit Obdachlose wieder eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben entwickeln können“, fordert Karrenbauer. „Gelingt dies nicht, müssen wir mit einem weiteren Anstieg von Obdachlosen in Hamburg rechnen.“
Die für das Winternotprogramm genutzten Wohncontainer in Hammerbrook sowie die beiden Schulgebäuden in Marienthal und Horn stehen seit Anfang April leer. „Das Winternotprogramm muss ganzjährig geöffnet bleiben“, lautete daher unsere Forderung an den Senat. Denn jeder Tag auf der Straße gefährdet die Gesundheit. Nicht nur bei Orkan und Sturm. Obdachlose haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von knapp 47 Jahren – und das im reichen Hamburg.
Auf Nachfrage bestätigt die Sozialbehörde jetzt, dass eine Sommer-Nutzung der Standorte geprüft wird. Als Notschlafplätze könnten die Einrichtungen aber schon jetzt genutzt werden. „Die Stadt muss umgehend die Wohncontainer am Grünen Deich für Obdachlose öffnen“, sagt Karrenbauer. „Wir wollen und dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Menschen auf der Straße schlafen.“
Text: Jonas Füllner
Foto: Dmitrij Leltschuk