Die Diakonie hat jede sechste Abschiebung vom Hamburger Flughafen als „besonders problematisch“ bezeichnet. Kritisiert werden vor allem Abschiebungen von Schwerkranken und Kindern.
Von 124 beobachteten Abschiebungen zwischen März 2019 und Februar 2020 vom Hamburger Flughafen aus hat die Diakonie 20 als „besonders problematisch“ eingestuft. Das entspricht 16 Prozent. Laut des am Dienstag vorgelegten Jahresberichts des Projekts Abschiebebeobachtung galten im Vorjahreszeitraum noch 13 Prozent der beobachteten Abschiebungen als problematisch. Seit März 2018 beobachtet Felix Wieneke für das von der Innenbehörde finanzierte Projekt an zwei Tagen in der Woche Abschiebungen am Hamburger Flughafen.
Wienecke dokumentiert Vieles, das sonst kaum den Weg an die Öffentlichkeit finden würde. „Wir müssen leider feststellen, dass Hamburg nach wie vor Menschen mit schwersten Erkrankungen abschiebt“, beklagt Dirk Hauer, Leiter des Fachbereichs Armut und Existenzsicherung bei der Diakonie. „Nach unserem Kenntnisstand werden diese mit Medical-Charter-Flugzeugen, das sind fliegende Intensivstationen, ausgeflogen. So etwas wurde bisher nur in Hamburg beobachtet.“
Weiterer Kritikpunkt der Diakonie ist die starke psychische Belastung von Kindern während der Abschiebungen vom Hamburger Flughafen. Im Bericht wird etwa ein Fall geschildert, in dem eine Bundespolizistin Druck auf weinende Kinder ausgeübt habe, damit diese ihre kranke Mutter zur „Mitwirkung“ an der Abschiebung bewegen. „Nach unserem Eindruck trifft die Abschiebepolitik vor allem diejenigen, die besonders verletzlich und isoliert sind“, sagt Fachbereichsleiter Hauer. „Politik und Verwaltung müssen hier umdenken. Eine gute Flüchtlingspolitik bemisst sich nicht an der Zahl der Abschiebungen.“
Die vom Abschiebebeobachter als problematisch eingeschätzten Abschiebungen werden anschließend im sogenannten Flughafenforum erörtert. „Die aufgezeigten Probleme konnten im Forum mit den beteiligten Vertreterinnen und Vertretern der Bundespolizei, der Landesministerien und der Ausländerbehörden stets offen besprochen werden“, resümmierte der Moderator des Forums, Hans-Peter Strenge. Die Innenbehörde wollte sich auf Hinz&Kunzt-Nachfrage bislang nicht äußern. Man wolle den Jahresbericht zunächst prüfen, sagte ein Sprecher.