Hinz&Kunzt-Jahreskalender

Am Grund der Großstadt

Eines der zwölf Bilder des Hinz&Kunzt-Jahreskalenders 2025. Foto: Kai-Uwe Gundlach
Eines der zwölf Bilder des Hinz&Kunzt-Jahreskalenders 2025. Foto: Kai-Uwe Gundlach
Eines der zwölf Bilder des Hinz&Kunzt-Jahreskalenders 2025. Foto: Kai-Uwe Gundlach

Hamburg mal ganz anders: Der von Fotograf Kai-Uwe Gundlach gestaltete neue Hinz&Kunzt-Jahreskalender setzt auch bekannte Kulissen der Stadt in eine völlig neue Perspektive.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Das schwarz-weiße Foto, sagt sein Schöpfer, wirke „wie aus einem Fritz-Lang-Film“ – dem berühmten deutschen Regisseur der späten 1920er- und frühen 1930er-Jahre. Man schaut eine Treppe hinauf zum Hamburger Rathausmarkt, die Aufnahme ist durch ein Prisma mehrfach belichtet, dadurch überlagern sich die monumentalen Bauten, die von „oben“ ins Bild rücken. Am Ende der Treppe steht schemenhaft ein Mensch, klein und zerbrechlich wirkt er vor mächtiger Kulisse und dräuendem Himmel. „Dieses Bild mag ich schon sehr“, sagt Kai-Uwe Gundlach, der für Hinz&Kunzt den neuen Jahreskalender 2025 fotografiert hat (siehe Kasten). Denn es erfüllt, was der Hamburger Fotograf (www.studiogundlach.de) mit seinem neuen Werk ausdrücken will: „In einer Großstadt hast du ja immer so ein Grundrauschen an vielen Menschen, die du tagtäglich siehst. Aber die meisten von ihnen schaut man gar nicht richtig an, nimmt sie nicht wirklich wahr.“

Eigenwillige Bilder wie dieses sind es, mit denen Gundlach uns die Augen öffnen will. Dafür, wie vermutlich viele Menschen auch Obdachlose aus ihrem Alltagsblick herausblenden, ohne das vielleicht zu wollen. „The Invisibles“ – die Unsichtbaren – das ist für ihn deshalb der selbstgewählte Arbeitstitel seines Kalenderwerks gewesen. Die alles einnehmende Stadt, der winzige Mensch, das rastlose Vorbeihasten, die Einsamkeit. Wir sehen Hamburg – und erkennen es doch kaum wieder. Schanze und Schulterblatt, Handelskammer und Reeperbahn, Wandelhalle, Elbphilharmonie und Rickmer Rickmers sind hier nicht die üblichen postkartenschicken Hingucker, sondern werden im Stilmittel der „street photography“ verfremdet und eher als Beifang präsentiert, die Botschaft ist eine andere.

Gundlach ist dafür sechs Wochen lang immer wieder durch die Stadt gelaufen, hat zunächst mit einer größeren Kamera fotografiert, dann aber fast nur noch mit seinem Smartphone, das ihn selbst und seinen Auftrag beinahe ebenfalls „invisible“ gemacht hat. So entstanden Hamburgensien der anderen Art, in denen der „Lichtkünstler“ (Eigenbeschreibung Gundlach) seinen Kalenderbildern einen unverwechselbaren Stempel mitgibt: Denn was er festhalten will, ist oft schon eine Sekunde später wieder verflogen, in der rasanten Flüchtigkeit des großstädtischen Tempodroms. „Als Streetfotograf bist du ein Jäger: Du schleichst dich an, saugst ein, nimmst plötzlich etwas wahr und musst dann ganz schnell reagieren.“

Rund 7000 Bilder hat der 58-Jährige so erbeutet, die besten von ihnen sind nun im neuen Hinz&Kunzt-Jahreskalender zusammengetragen. Eine digitale „Verlängerung“ gibt es auch: Auf den Kalenderblättern finden sich QR-Codes. Wer die scannt, sieht in Kurzvideos aus dem Dunkeln Menschen näherkommen: Es sind Hinz&Künztler:innen, die etwas über ihr Leben erzählen. Und sich im wirklichen Leben, so Gundlach, „über jede menschliche Geste der Zuwendung freuen“.

Kai-Uwe Gundlach will uns mit seinen Bildern die Augen öffnen.
Kai-Uwe Gundlach will uns mit seinen Bildern die Augen öffnen.
„In einer Großstadt hast du so ein Grundrauschen an vielen Menschen. Aber die meisten schaut man gar nicht richtig an“, sagt der Künstler. Foto: Kai-Uwe Gundlach.
„In einer Großstadt hast du so ein Grundrauschen an vielen Menschen. Aber die meisten schaut man gar nicht richtig an“, sagt der Künstler. Foto: Kai-Uwe Gundlach.
Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 380

Panic at the Disco

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Autor:in
Jochen Harberg
Seit über 40 Jahren im Traumberuf schreibender Journalist, arbeitete festangestellt u. a. für Stern und Welt am Sonntag. Seit 2019 mit großer Freude im Team von Hinz&Kunzt.

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