Am 7. September lädt Kampf der Künste zum Benefiz-Slam Momentaufnahme #4 für Hinz&Kunzt. Wir haben die drei Macher Jan-Oliver Lange, Elisa Fischer und Hinnerk Köhn vorab verbal in die Zange genommen.
Hinz&Kunzt: Elisa, Jan-Oliver und Hinnerk, ich schieße gleich los mit dem ersten Vorurteil: „Poetry-Slam? Das ist doch nur was für Studis, die zu viel Freizeit haben!“
Elisa Fischer: Nein! Poetry-Slams finden sowohl in der Studentenkneipe um die Ecke als auch in Theaterhäusern und auf großen Bühnen statt.
Hinnerk Köhn: Gerade in Theatern sind auch sehr viele ältere Menschen ab 60 mit dabei: als Zuschauer oder Poeten.
Apropos älter, manche sagen, dass Poetry-Slams voll 1990er-Jahre sind. (Alle lachen)
Jan-Oliver Lange: Poetry-Slams sind ein bisschen wie Hip-Hop: Erst war es ein Trend. Aber natürlich entwickelt sich ein Trend weiter und verfestigt sich. Heute ist es zu einem Genre geworden.
Momentaufnahme #4
Termin: Mi, 7.9., 19.30 Uhr, Cap San Diego, Luke 5, Karten 10/13 Euro
Poetry-Slams gibt es seit gut 20 Jahren in Deutschland. Trotzdem kennen viele bis heute nur eine Slammerin: Julia Engelmann.
(Entrüstung bei allen): Boah!
Lange: Es gibt zahllose Leute, die schon mehr als einmal im Fernsehen waren oder Bücher verkaufen.
Köhn: Moritz Neumeier! Jan-Philipp Zymny! Theresa Hahl!
Lange: Marc-Uwe Kling! Torsten Sträter! Patrick Salmen! Nico Semsrott!
Köhn: Nora Gomringer! Die hat im vergangenen Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis geholt.
Also ein klassischer Fall für Hochkultur, oder?
Lange: Ja, sie tritt aber nach wie vor bei unseren Veranstaltungen auf.
Trotzdem kauft man als Zuschauer bei einem Slam ja schon oftmals die Katze im Sack.
Lange: Ich würde eher sagen: Wir sind wie Trüffelschweine für die Zuschauer.
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Weitere InformationenEin anderes Vorurteil: „Wieso sollte ich mir das antun: Das sind doch alles nervige Selbstdarsteller!“
Köhn: Doch, teilweise stimmt das (lacht).
Sprichst du von dir selbst?
Köhn: Unter anderem (lacht). Nein, viele, die auftreten, spielen für den Moment ja auch eine Rolle. Wie Andy Strauß, der auf der Bühne total wahnsinnig und selbstdarstellerisch rüberkommt. Im Backstage sitzt er dann, trinkt sein Käffchen und fährt nachts noch zu seiner Freundin nach Hause. Es gibt da eine große Spannbreite. Natürlich auch solche, die sich auch abfeiern. Aber das kann ja auch gut sein.
Fischer: Du erlebst an einem Abend zwischen vier bis acht Poeten. Diese Bandbreite! Wenn da die Hälfte selbstdarstellerisch ist, dann hast du ja auch immer nur fünf Minuten davon. Dann gehst du halt und holst dir was zum Trinken, wenn du den ganz schlimm findest.
Habt ihr auch Leute dabei, denen ihr danach das Händchen halten müsst?
Köhn: Eigentlich nicht. Denn die wichtigste Regel fürs Publikum ist „Respect the poets!“. Es wird nicht gebuht. Einen gewissen Rest Würde sollen die schon noch haben, wenn sie von der Bühne gehen (lacht).
Und worüber wird am liebsten geslammt?
Köhn: Liebe, ganz klassisch.
Fischer: In letzter Zeit sind auch Texte über Flüchtlinge sehr stark vertreten.
Köhn: Oder Anti-Nazi-Texte.
Fischer: Und es gab eine große Bubble-Tea-Welle! (Alle lachen). Die Shops waren irgendwann weg, aber die Texte nicht.
Lange: Die Jungen erzählen gerne von ihren großen Visionen und ihrer Generation. Der Sarkasmus kommt dann eher mit dem Alter (lacht).
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Weitere InformationenUnser letztes Vorurteil: „Das ist doch nur was für Nerds, ein abgeschlossener Zirkel, in den man nur ganz schwer reinkommt!“
Köhn: Überhaupt nicht! Eine Mail und im besten Fall kannst du nächsten Monat auftreten. Das ist eine sehr, sehr herzliche Szene.
Lange: Unser Lieblingsbeispiel ist Tolga. Im April vor zwei Jahren kam er zur Jägerschlacht. Keiner kannte ihn – er hat dann direkt gewonnen. Einen Monat später stand er dann schon auf der großen Bühne des Thalia Theaters.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Simone Declner
Foto: Dmitrij Leltschuk