Im Winter ist das Leben auf der Straße gefährlicher als ohnehin. Wer einen Obdachlosen in Not sieht, sollte ihn zunächst ansprechen und im Zweifel den Notruf wählen. Aufrufe, beim Mitternachtsbus anzurufen, führen in die Irre.
Egal, ob die Temperaturen unter oder leicht über dem Gefrierpunkt liegen: Obdachlosigkeit ist besonders in der kalten Jahreszeit lebensgefährlich. Mindestens zwei Obdachlose sind in diesem Winter in Deutschland schon an den Folgen der Kälte gestorben. Was also tun, wenn man einen Obdachlosen in einer potenziellen Notsituation sieht?
Jedenfalls nicht den Mitternachtsbus der Diakonie anrufen, sagt dessen Projektleiterin Sonja Norgall. Zwar gebe es in jedem Winter bei Facebook Aufrufe, genau das zu tun. „Die Leute gehen davon aus, dass wir die Obdachlosen von der Straße abholen und ins Warme bringen“, sagt Norgall. So arbeitet der Mitternachtsbus aber nicht. Vielmehr fahren die Ehrenamtlichen im Bus jeden Abend eine feste Route durch Hamburg und verteilen heiße Getränke und Nahrungsmittel. Telefonisch erreichbar sind sie währenddessen nicht.
Wenn man einen Obdachlosen in Not sieht, solle man ihn zunächst einmal ansprechen und fragen, was er braucht und ob man einen Arzt rufen soll, rät Norgall und betont: „Wenn man Angst hat, dass der Obdachlose die Nacht nicht überlebt, unbedingt den Notruf anrufen!“ Unter der Woche ist zudem von 8 bis 16 Uhr eine Hotline der Sozialbehörde unter der Nummer 040 42828-5000 geschaltet, unter der Straßensozialarbeiter zu Hilfsbedürftigen Obdachlosen gerufen werden können.
Erfrierungsschutz für Obdachlose nur nachts geöffnet
„Es ist auch tagsüber kalt und gefährlich auf der Straße.“– Stephan Karrenbauer
In der Nacht bietet das städtische Winternotprogramm Schutz für Obdachlose. „Es ist aber auch tagsüber kalt und gefährlich auf der Straße“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Er kritisiert, dass die Obdachlosen am Tag nicht in den Unterkünften bleiben dürfen.
Auch, dass bisher mehr als 100 Menschen von den Notunterkünften in der Friesenstraße und dem Schaarsteinweg abgewiesen worden sind, weil sie angeblich im Herkunftsland eine Unterkunft haben, beklagt Karrenbauer als „unmenschlich“. Nur 20 von ihnen haben bis Ende Dezember das Angebot der Stadt angenommen, stattdessen in einer Wärmestube ohne Betten und Matratzen auf dem Fußboden zu schlafen. „Wir können nur hoffen, dass keiner von ihnen in diesem Winter erfriert“, sagt Karrenbauer.