Im Rungehaus in Barmbek können alte Menschen selbstständig leben.
Wolfgang Fuck wohnt hier von Anfang an.
Er wollte zuerst nicht einziehen.
Jetzt fühlt er sich wohl.
Wie kann man selbstbestimmt wohnen?
Wolfgang Fuck hatte das ganze Leben im Elligersweg gewohnt.
Wolfgang war 66 Jahre alt und noch fit.
Aber es war klar: Irgendwann wird es schwerer.
Seine Wohnung im zweiten Stock hatte keinen Aufzug.
Wie lange konnte er dort wohnen?
Seine Tochter hat ihm einen Tipp gegeben:
„Komm ins Rungehaus!“
Wolfgang wollte zuerst nicht.
Doch er hat sich dann gefragt:
Wie kann er bis zum Ende selbstbestimmt leben?
Seine Tochter hatte gute Gründe für das Rungehaus:
Alle Wohnungen sind dort barrierefrei.
Es gibt Aufzüge und breite Türen.
Er kann einen Pflegedienst holen.
Er kann so lange selbstbestimmt wohnen.
Ein besonderes Haus
Das Rungehaus in Barmbek ist besonders.
Hier wohnen vor allem ältere Menschen.
Aber es ist kein Altenheim!
Es riecht lebendig und
es gibt keine Rezeption für Besucher.
Denn das Rungehaus gehört zum Projekt LeNa.
LeNa bedeutet: Lebendige Nachbarschaft.
Das Rungehaus hat 73 Wohnungen,
alle Wohnungen sind barrierefrei.
Es gibt zwei Gemeinschaftsräume
und eine große Terrasse zum Klönen.
Hier lebt jeder selbstständig.
Die Nachbarn helfen sich und reden am Briefkasten.
Gern kochen sie zusammen oder
machen Flohmärkte oder Tai Chi.
Und wer seine Ruhe will,
der macht einfach die Tür zu.
Im Rungehaus kann man alleine sein,
aber niemand ist einsam.
Allein in einer großen Wohnung
Wolfgang Fuck war Klempner.
Er hat 42 Jahre auf dem Bau gearbeitet.
Seine Hände sind groß.
Seine Schultern sind breit.
Aber seine Stimme ist sanft.
Seine Augen werden etwas feucht,
wenn er von seiner Frau spricht.
Sie waren 36 Jahre verheiratet.
Dann wurde sie schwer krank: Krebs.
Nach drei Monaten war sie tot.
Hätte er ihre Krankheit früher bemerken können?
Vielleicht wäre sie dann noch am Leben.
Die Wohnung im Elligersweg war groß.
Dort hat Wolfgang mit seiner Frau gelebt.
Sie hatten sehr viele Möbel in der Wohnung.
Riesige Schränke und sogar ein Wasserbett.
Wolfgang liebte die Wohnung.
Aber er wusste: Seine Tochter hat Recht.
Die Wohnung ist viel zu groß.
Ein schwieriger Umzug
Die Wohnung im Rungehaus hatte ein Zimmer weniger.
Wolfgang musste viele Dinge zurücklassen.
Das war nicht leicht.
Er verkaufte fast alles für 150 Euro.
Wolfgang Fuck zog ohne Möbel ins Rungehaus.
Er hatte neue bestellt.
Aber die Lieferanten kamen nicht richtig.
Sie legten nur einen Zettel in den Briefkasten.
Deshalb schlief Wolfgang auf einer Luftmatratze.
Sein altes Zuhause war nur 100 Meter entfernt.
Wolfgang konnte vieles wie früher tun:
In denselben Läden einkaufen.
Den gleichen Spaziergang machen.
Seine Freunde treffen.
Wolfgang war einer der ersten Mieter im Rungehaus.
Manche zogen mit ihrem Ehepartner ein.
Bei anderen war die Frau oder der Mann gestorben,
so wie bei Wolfgang.
Aber alle hatten etwas gemeinsam:
Sie begannen hier ein neues Leben.
Und sie hatten sich genau dafür entschieden.
Neue Liebe und neue Freunde
Wolfgang Fuck lernte im Rungehaus neue Leute kennen.
Er traf Helga beim Skatspielen.
Sie verliebten sich ineinander.
Heute ist Helga die Partnerin von Wolfgang.
Er traf auch Heike Klapper.
Sie wurden gute Freunde.
Jeden Morgen telefonieren sie.
Sie frühstücken oft zusammen.
Wolfgang sagt:
„Bis ich jemanden einen Freund nenne, dauert es lange.“
Heike ist so eine Freundin.
Sie kennen sich jetzt seit zehn Jahren.
Heute ist Wolfgang 76 Jahre alt.
Heike ist 77 Jahre alt
und hat immer einen frechen Spruch auf den Lippen.
Sie zog ins Rungehaus, als ihr Mann starb.
Sie waren 48 Jahre verheiratet.
Er starb sehr plötzlich an einer Blutung im Gehirn.
Von einem Tag auf den anderen war Heikes Mann gestorben.
Heike fragte sich lange:
Haben wir über alles geredet?
Wenn sie von ihm erzählt,
kommen die Worte direkt aus dem Herzen.
Heikes Mann war ein liebevoller Vater.
Er stellte seinen Kindern Blumen ins Zimmer.
Er fuhr mit ihnen extra eine Runde im Kreisverkehr,
nur um sie zum Lachen zu bringen.
Er war ein guter Ehemann.
Er ließ seiner Frau alle Freiheiten.
Sie reiste mit Kolleginnen bis nach China – ohne ihn.
Er war einer, um den man für immer weinen möchte.
Ein neues Zuhause
Aber das Leben geht weiter.
Deshalb hat Heike keine Tränen im Gesicht.
Stattdessen ein sanftes Lächeln.
Sie ist dankbar für die gemeinsamen Jahre.
Heike hat ihr altes Zuhause aufgegeben.
Hier im Rungehaus hat sie sich ein neues aufgebaut.
Und sie ist glücklich damit.
Sie sagt:
„Viele meiner Freunde wohnen noch in ihren alten Wohnungen.
Aber irgendwann müssen sie umziehen.
Ich aber kann hier bleiben.
Ich bin daheim.“
Wolfgang Fuck sieht das genauso.
Jeden Mittwoch lädt er seine Töchter und Enkel ein.
Dann kochen sie Tomaten-Suppe.
Und sie klönen den ganzen Nachmittag.
Ist das Rungehaus sein Zuhause?
Wolfgang sagt: Ja.
Lebendige Nachbarschaft
Das Rungehaus gehört zum LeNa-Projekt.
In Hamburg gibt es fünf LeNa-Häuser.
Andere Standorte sind in:
Lurup
Steilshoop
Horn
Hier können Menschen ab 60 Jahren wohnen.
Auch Menschen mit Schwer-Behinderung dürfen sich bewerben.
Die Bewerbung ist auf diese Weise möglich:
Man kann eine E-Mail schreiben.
Man kann anrufen.
Man kann zu einem LeNa-Haus gehen und dort fragen.
Alle können bei den LeNa-Aktivitäten mitmachen.
Im April 2025 gibt es einen Smartphone-Kurs für Anfänger.
Die Nachbarn vom Rungehaus sind herzlich eingeladen.
Mehr Infos: www.lena-nachbarschaft.de
Übersetzung in leichte Sprache: Grone barrierefrei