Ideentag der deutschsprachigen Straßenzeitungen 2011

Von Roma und Regeln, Respekt und gutem RatLogos-Ideentag

Es ging ans Eingemachte beim Ideentag der deutschsprachigen Straßenzeitungen in Wien im Mai 2011.

Auf der Agenda stand ein Thema, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz alle Redaktionen, Vertriebsbüros und auch Verkäufer und Verkäuferinnen von Straßenzeitungen seit geraumer Zeit beschäftigt: „Arm gegen Ärmer ?! Roma, AsylbewerberInnen und die „Einheimischen“

Der Ideentag fand statt in Kooperation mit:
taz, die tageszeitung
trott-war e.V., Koordinierungsstelle der deutschsprachigen Straßenzeitungen
Kupfermuckn, Straßenzeitung von Randgruppen und sozial Benachteiligten
Romano Centro, Verein für Roma
Amaro Drom e.V., Interkulturelle Jugendselbstorganisation von Roma und Nicht-Roma

Mit freundlicher Unterstützung des österreichischen Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Hintergrund:

Straßenzeitungen und Roma

Liste

Teilnehmer am Ideentag

Die Erwartungen an das eintägige Treffen waren hoch. Im Mittelpunkt stand für die meisten Teilnehmenden der Austausch mit Vertretern und Vertreterinnen anderer Straßenzeitungen. Schließlich gibt es solche Gelegenheit sehr selten: Nicht nur ist die Organisation eines Treffens deutschsprachiger Straßenzeitungen aufwendig, auch haben vor allem kleinere Straßenzeitungsprojekte kaum personelle und finanzielle Ressourcen, solche Treffen regelmäßig wahrzunehmen.

Wichtig war allen auch der Kontakt mit Vertretern und Vertreterinnen von Roma-Organisationen. Diese wiederum hatten großes Interesse, über die Arbeit von Straßenzeitungsprojekten mehr zu erfahren.
Alle – Mitarbeitende von Straßenzeitungen wie Roma-Vertreter und -Vertreterinnen– beschäftigt zudem das Thema der Präsenz von Roma in Mainstream- und in Straßenzeitungen. „Wir werden vor allem von anderen repräsentiert“; stellte Hamze Bytyci von Amaro Drom eingehend fest. „Das finden wir falsch. Die Diskussion soll nicht ohne uns stattfinden.“
Vor allem für die Straßenzeitungsprojekte, die sich bisher nicht für Roma als Verkaufende geöffnet haben, ist eine zentrale Frage: Wie gehen wir mit diesem Armen um? Denn Straßenzeitungen sind Instrumente der Armutsbekämpfung. Sich einer Gruppe von Armen komplett zu verschließen – das ist für keins der vertretenen Projekte denkbar.

Neuen Mut finden, das wünschten sich viele vom Ideentag. Mut und Kraft für den Umgang mit Problemen, die es im Straßenzeitungsalltag im Zusammenhang mit Roma-Verkaufenden gibt: Teils rassistische Ressentiments alteingesessener, inländischer Verkaufender. „Es ist schwierig, sie für ausländische Verkäufer zu begeistern. Dass sie sie als Ihresgleichen begreifen“, sagte Michaela Gründler von Apropos.
In Österreich wird die Situation durch ein jüngst eingeführtes Bettelverbot verschärft, das in unterschiedlichen Städten unterschiedlich strikt verfolgt wird. (siehe Hinz&Kunzt 218/April 2011 und Megaphon vom März 2011)

Vom Mut machen sprachen auch die Vertreter und Vertreterinnen der Zeitung Global Player Mit afrikanischen Verkaufenden habe es nach Anfangsschwierigkeiten geklappt. Wieso nicht mit Roma? Oder ist es eine bessere Lösung, es gäbe eine eigene Roma-Straßenzeitung mit eigenen Inhalten und Roma-Verkaufenden?

Wer sich ausländischen Verkaufenden öffnet, erlebt mit ihnen oft ganz anderes als mit inländischen. Das weiß zum Beispiel Heinz Zauner vom Kupfermuckn aus eigener Erfahrung. Ein Teil seiner Arbeit besteht darin, Verkaufende bei Bleiberechtsverfahren zu unterstützen. Wie wollen sich Straßenzeitungsprojekte solchen Herausforderungen stellen?

In fünf Arbeitsgruppen beleuchteten die Teilnehmenden am Ideentags fünf Aspekte des Themas „Arm gegen Ärmer?!“

Die Ergebnisse wurden im Plenum vorgestellt. Zum Lesen bitte auf die Titel der einzelnen Gruppen klicken.

AG 1:

(K)ein Recht zu bleiben?! Straßenzeitungen als Instrument gesellschaftlicher Integration. Auch für AsylbewerberInnen und Roma?

AG 2:

Mehr Roma in die Medien: Straßenzeitungen als Forum für eine andere mediale Darstellung

AG 3:

Arm gegen Ärmer? Rassismus unter StraßenzeitungsverkäuferInnen – was tun?

AG 4:

Welchen Wertekodex haben Straßenzeitungen zum Thema Rassismus, Globalisierung, Netzwerkarbeit?

AG 5:

Roma? Die Geisterbahn der Vorurteile

Die Vorstellung der Arbeit der fünf Gruppen zeigte: Es besteht definitiv Handlungsbedarf. Straßenzeitungen müssen und wollen sich zu der Thematik positionieren und entsprechend handeln. Wie dies konkret aussieht, müssen die Mitarbeiter jedes Projekts für ihre Straßenzeitung, für ihre Verkäuferinnen und Verkäufer und für die Armen ihrer Stadt entscheiden.

Lesen Sie weiter: Teilnehmer des Ideentags haben über die Impulse geschrieben.

Martin Kaul: Am Rand im Abseits (taz)
Bastian Pütter: Gefordert? Ja. Ratlos? Nein. (Ruhrbarone.de)
Kerstin Kellermann: „Wie kann man stabile Strukturen für Roma aufbauen?“ (Augustin)