Bürgermeister Peter Tschentscher hat auf die angekündigten Preiserhöhungen beim HVV reagiert: Statt wie geplant um 2,2 Prozent sollen die Ticketpreise nur um 1,8 Prozent steigen dürfen. Sozialverbände fordern stattdessen: Wer arm ist, soll kostenlos fahren dürfen.
Beim HVV nennt man es harmlos „Tarifanpassung“ – doch für viele Hamburger sind die erneuten Fahrpreiserhöhungen ab Dezember (hier geht es zu den neuen Fahrpreisen) weit mehr als das.
„Jeder fünfte Hamburger ist armutsgefährdet. Diese Menschen sind ganz besonders stark von Bus und Bahn abhängig. Für sie ist jede Erhöhung der HVV-Tarife eine besondere Herausforderung“, sagte Klaus Wicher, der 1. Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD) in Hamburg.
Der HVV hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Fahrpreise ab Dezember erneut zu erhöhen: dieses Mal um 2,2 Prozent. Eine Tageskarte würde dann 8 Euro kosten statt jetzt noch 7,80 Euro, ein Ticket für den Großbereich liegt dann bei 3,40 Euro (+10 Cent).
Noch deutlicher fällt die Verteuerung bei den Monatstickets auf: Wer eine Fahrkarte benötigt, die vier Zonen umfasst, muss dann 111,50 Euro berappen (jetzt: 109,20 Euro) Laut einer Studie des ADAC aus dem Juni müssen Bewohner schon jetzt nirgendwo sonst in Deutschland so tief für eine Monatskarte in die Tasche greifen. In München kostet ein Monatsticket sogar nur die Hälfte (55,20 Euro), im Durchschnitt 77,50 Euro.
Echtes Sozialticket fehlt
Im Gespräch mit dem Abendblatt kündigte der Erste Bürgermeister unterdessen an, dass er die Preiserhöhung kappen wolle: auf 1,8 Prozent. „Wir wollen die Preissteigerung für die Kunden auf den Inflationsausgleich begrenzen“, sagte Tschentscher der Zeitung.
Die Kritik an den höchsten HVV-Preiserhöhungen seit 2014 reißt dennoch nicht ab. Gebetsmühlenartig weisen Sozialverbände und auch Hinz&Kunzt darauf hin, dass in Hamburg seit 2003 ein echtes Sozialticket fehlt. Das war damals für nur 15,50 Euro im Monat zu haben. Rund 20.000 Hamburger*innen nutzten das.
Doch seit 2009 gibt es nur noch eine nur noch eine so genannte Sozialkarte. Dabei handelt es sich nicht um ein Ticket, sondern lediglich um eine Ermäßigung auf Zeitkarten wie etwa die Monatskarte – von derzeit nur 21,80 Euro. Damit lassen sich die hohen Preise der Zeitkarten jedoch nicht ausgleichen.
Jahreskarte nach Wiener Vorbild?
Klaus Wicher vom SoVD erneuert daher eine altbekannte Forderung: Bedürftige sollen Bus und Bahn kostenlos nutzen dürfen. „Dazu zählen eben nicht nur Rentner*innen, sondern auch Hartz-IV-Empfänger und Alleinerziehende“, sagte Wicher.
In Wien, das nur geringfügig mehr Einwohner als Hamburger zählt, gibt es seit 2012 ein Jahresticket für Bus und Bahn für 365 Euro. Wer dort mit Bus und Bahn fährt, zahlt umgerechnet 1 Euro am Tag. Das Jahresticket ist ein Riesenerfolg. Mittlerweile nutzen rund 760.000 Wiener*innen es.
Der rot-grüne Senat in Hamburg will prüfen, ob ein solches Jahresticket ab 2020 auch in Hamburg eingeführt werden könnte – jedoch nur für zwei Personengruppen: für Schüler*innen und Azubis.