Lachen ist angeblich die beste Medizin. Aber stimmt das wirklich? Die UKE-Psychotherapeutin Angela Buchholz mahnt zu gesunder Skepsis.
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ – aber gilt diese Volksweisheit auch für Menschen, denen so gar nicht zum Lachen zumute ist? Menschen etwa, die ernsthaft erkrankt sind. „Humor kann eine hilfreiche Bewältigungsstrategie sein“, sagt Angela Buchholz. Betonung auf „kann“. Die Psychotherapeutin begleitet am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) Menschen, die auf eine Organspende angewiesen sind. In Hamburg warten aktuell 173 Patient:innen auf ein Herz, eine Leber oder eine Niere. „Die Angst zu sterben, bevor ein Organangebot kommt, ist groß“, weiß sie aus vielen Gesprächen. Wie kann man in einer solchen Lebenskrise Optimismus bewahren? Hilft Humor beim Heilen? Dieser Frage ging Buchholz kürzlich für ein Patient:innenseminar nach.
„Wie so oft in der Wissenschaft, kann die Frage nicht klar beantwortet werden, nur mit dem berüchtigten ‚Ja, aber …‘“, bremst sie allzu euphorische Erwartungen. Die Studienlage sei derzeit noch überschaubar: Es gebe zwar Untersuchungen, die zum Ergebnis kommen, dass Lachen das Immunsystem stärkt, da gut gelaunte Menschen weniger Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol produzieren. Laut einer anderen Studie reduzieren 15 Minuten Lachen täglich die Schmerzempfindlichkeit. Doch das sei „nicht repräsentativ“, sagt Buchholz. Nichtsdestotrotz üben sich auch in Hamburg Menschen in Lachyoga-Kursen, um einen erhofften therapeutischen Effekt zu erzielen.
Am besten untersucht sind noch die humoristischen Interventionsmaßnahmen von Klinikclowns: Seit 21 Jahren besuchen hierzulande Clowndoktoren mit roten Nasen vor allem Kinder und Senior:innen und sorgen für Ablenkung im oftmals tristen Krankenhausalltag. „Das Ziel ist, Distanz zur Angst herzustellen“, erklärt Angela Buchholz.
Die Psychotherapeutin rät jedoch zu gesunder Skepsis: „Humor beseitigt nicht von heute auf morgen ein langjähriges Leiden. Aber eine optimistische Grundhaltung kann helfen, herausfordernde Lebenslagen zu bewältigen – auch bei Krankheit.“ Am UKE führen ihre Kolleg:innen und sie im Jahr rund 500 Erstgespräche mit Patient:innen. „Ich habe schon Gespräche geführt, nach denen ich dachte: Wow, der Mensch hat schon so viel durchgemacht und trotzdem sagt er mit einem Lächeln im Gesicht: ‚Das haut mich alles nicht um.‘ Andere sind in ihrem Leid eher gefangen.“
So individuell wie der Mensch und seine Krankengeschichte sei auch, worüber jemand lachen kann, so Buchholz. „Wenn ich als Therapeutin sage: ‚Ach, gucken Sie sich doch mal dieses lustige Katzenvideo im Internet an!‘ Da würde man sich ja überhaupt nicht ernst genommen fühlen“, sagt sie.
Was Buchholz wichtig ist: Humor dürfe nie dazu dienen, die Probleme der Patient:innen zu bagatellisieren: „Ich würde eher versuchen, Dinge humorvoll zu sehen, die mit der eigentlichen Krankheit nichts zu tun haben. Wenn einem da etwas Lustiges auffällt, das aufzunehmen. Ich mache mich auch durchaus über mich selbst lustig, etwa, wenn ich etwas verpeilt bin“, sagt sie und lacht.
Eine Überschrift für die Box
Sie begleitet Menschen vor und nach einer lebensnotwendigen Organtransplantation. Für ein Patient:innenseminar hat sie sich mit der Wirkung von Humor auf chronisch Erkrankte beschäftigt.
Zwei Formen von Humor, sogenannte Humorstile, hätten sich als hilfreich im Umgang mit belastenden Situationen erwiesen: Humor, der verbindet, und Selbstironie. Eher ungünstig seien hingegen Humorstile, die distanzieren, andere oder sich selbst erniedrigen oder beleidigend sind.
Stress haben die Patient:innen sowieso genug. „Wer schwer erkrankt ist, lebt ja außerhalb der Normalität“, sagt Angela Buchholz. „Die Menschen machen Erfahrungen, die sie nicht mit vielen Menschen teilen können, das isoliert auch.“ Umso wichtiger sei der Austausch mit anderen Betroffenen, etwa in Selbsthilfegruppen. Dort, so weiß die Psychotherapeutin, würden oft äußerst derbe Witze über die eigene Krankheit gemacht. Angela Buchholz: „Das kann für die Menschen sehr befreiend sein.“