Die rot-grüne Koalition in der Hamburger Bürgerschaft will kurz vor den Wahlen entschlossener gegen Obdachlosigkeit vorgehen: Geplant sind unter anderem ein Housing-First-Modellprojekt und eine Pension für Arbeitssuchende aus dem EU-Ausland.
Was Hinz&Kunzt und viele Expert*innen schon lange fordern, könnte jetzt tatsächlich Realität werden. In einem Antrag, der in der kommenden Bürgerschaftssitzung vorgelegt werden soll, fordert die rot-grüne Regierungskoalition ein Housing-First-Projekt für Hamburg. Nach diesem international erprobten Ansatz erhalten Obdachlose ohne Vorbedingungen eine eigene Wohnung – und können nach dem Einzug sozialarbeiterische Unterstützung in Anspruch nehmen, wenn sie das wollen. Nach Hinz&Kunzt-Informationen sollen hiervon insbesondere obdachlose Menschen mit besonders großen Problemen profitieren.
Geplant ist zunächst ein Modell-Projekt, die genaue Zahl der Wohnungen ist in dem Antrag nicht festgelegt. Im gleichen Zuge sollen die Plätze im bestehenden Stufe-3-Projekt auf „möglichst“ 300 pro Jahr verdoppelt werden. In die Stufe 3 werden in den Fachämtern für Wohnungsnotfälle solche Wohnungslosen eingeordnet, denen erst nach einem Jahr Betreuung zugetraut wird, selbstständig in einer eigenen Wohnung zu leben.
Pension für Arbeitssuchende EU-Ausländer*innen
In einem weiteren Antrag fordert die Koalition eine Pension für für neu angekommene Arbeitssuchende aus dem EU-Ausland, wie Hinz&Kunzt es erstmals 2016 als „Ankunftshaus“ angeregt hatte. „Gemeinsam mit Kammern, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften“ solle nun ein Konzept für eine solche Pension entwickelt werden, heißt es. Außerdem soll der Senat prüfen, inwieweit Integrations- und Qualifizierungsangebote, „insbesondere für Arbeitslose und Obdachlose aus dem EU-Ausland, ausgeweitet und besser an die spezielle Lebenssituation angepasst werden können.“
Dieser Vorstoß kommt nicht von ungefähr: Bei einer Befragung von Obdachlosen im Jahr 2018 hatten mehr als 70 Prozent angegeben, auf der Suche nach Arbeit nach Hamburg gekommen, dann aber hier gescheitert zu sein.
„Wir freuen uns, dass die Politik die Vorschläge aus der Wohnungslosenhilfe aufgreift.“– Stephan Karrenbauer
In einem dritten Antrag fordert Rot-Grün mehr Einzelunterbringung für psychisch kranke Obdachlose und eine bessere medizinische Versorgung dieser Personengruppe. Besonders hervorgehoben wird die wichtige Rolle, die eine Unterbringung in Einzelzimmern für psychisch kranke Obdach- und Wohnungslose spielt.
„Wir freuen uns, dass die Politik die Vorschläge aus der Wohnungslosenhilfe aufgreift“, kommentiert Hinz&Kunzt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer den Vorstoß. „Jetzt geht es darum, dass die Sozialbehörde die Anträge schnell umsetzt. Wenn sich die Projekte als erfolgreich erweisen, müssen die Angebote weiter ausgebaut werden.“
Das Maßnahmenpaket wird in der kommenden Bürgerschaftssitzung am 29. Januar zur Abstimmung gestellt.