30 Obdachlose sollen mit Hilfe des Hamburger Housing-First-Projekts eine Wohnung bekommen. Leiterin Nina Behlau erklärt im Interview, bei wie vielen das schon geklappt hat – und wie Vermieter:innen helfen können.
Frau Behlau, Sie leiten seit vergangenem Sommer das Modellprojekt für „Housing First“ in Hamburg. 30 Obdachlose sollen darüber ohne viele Vorbedingungen eine Wohnung bekommen. Bei wie vielen hat das schon geklappt?
Bei 6 Menschen hat das schon geklappt. Sie haben ihre Mietverträge unterschrieben und sind teilweise bereits eingezogen. Zwei weitere Wohnungsvermittlungen sind in der Anbahnung, andere sind in Aussicht. Unser Ziel erschöpft sich aber nicht mit dem schlichten Einzug, sondern es geht ja darum, die Grundlage für eine langfristig stabile Perspektive eines Lebens in sicheren Wohnverhältnissen zu ermöglichen. Dafür ist die eigene Wohnung ein notwendiger erster Schritt, aber eben noch lange nicht Alles.
Haben Sie Schwierigkeiten, Wohnungen für das Projekt zu finden? Gibt es Vorbehalte bei Vermieter:innen?
Wir haben bislang kaum mit Vorbehalten von Vermieter:innen zu tun, auch wenn es die sicher geben wird. Die Wohnungsunternehmen, die mit uns kooperieren wollen, haben aktuell eher das Problem, dass zu wenige der für uns geeigneten Wohnungen frei werden. Wer eine günstige Wohnung hat, kündigt sie zur Zeit nicht ohne Not, selbst wenn sie nicht mehr wirklich geeignet ist. Der Wohnungsmarkt ist einfach dicht, jedenfalls in dem für uns wichtigen Segment der kleinen Wohnungen bewegt sich aktuell recht wenig.
Wären denn Vorbehalte berechtigt? Erfahrungen mit Housing First gibt es ja bereits aus vielen anderen Städten.
Die Erfahrungen aus den Housing First Projekten anderer Städte zeigen, dass es mit ehemals obdachlosen Menschen in den Mietverhältnissen nicht zu weniger, aber auch nicht zu mehr Problemen kommt als mit anderen Mieter:innen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Angebot der Unterstützung gut funktioniert.
Viele Wohnungen sind in Händen von Genossenschaften oder des städtischen Unternehmens Saga. 30 Wohnungen für Obdachlose zur Verfügung zu stellen sollte für sie kein Problem sein. Wieso müssen Sie trotzdem nach privaten Vermieter:innen suchen?
Insgesamt ist der Hamburger Wohnungsmarkt im Segment der kleinen und preiswerten Wohnungen stark ausgelastet, bzw. überlastet. Viele unterschiedliche Gruppen konkurrieren hier um die Wohnungen. Die Gruppe der obdachlosen Menschen ist hier besonders benachteiligt, deshalb ist es wichtig, für diese Personengruppe auch bei privaten Vermieter:innen zu werben.
Info-Abend für Vermieter:innen
Wie können Vermieter:innen das Projekt unterstützen? Kann man freie Wohnungen einfach bei Ihnen melden?
Ja. Einfach schreiben oder anrufen. Wir klären dann in einem persönlichen Gespräch, ob das Angebot passt und beantworten alle Fragen. Und ganz wichtig: Niemand soll die schwierigen Fragen und die eigenen Vorbehalte verstecken müssen. Gerade sie gehören auf den Tisch und können in aller Regel wirklich gut besprochen werden.
Lohnt sich das denn auch finanziell? Die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt können Sie ja vermutlich nicht bezahlen …
Die meisten Menschen, die über längere Zeit obdachlos gelebt haben, erhalten zur Finanzierung ihrer Wohnung staatliche Unterstützung. Diese Unterstützung ist in aller Regel für die klassische Hamburger Bestandswohnung, die zu marktüblichen Konditionen angeboten wird, auskömmlich. An diesem Punkt gibt es selten Probleme. Auch bei den 6 Wohnungen, die wir im Rahmen unseres Projekts bislang vermittelt haben, passte das jedes Mal völlig problemlos.