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Schulden, Knast und Alkohol: Für Holger lief es lange nicht rund. Foto: Mauricio Bustamante.

Holger (53) verkauft Hinz&Kunzt auf dem Isemarkt in Eppendorf.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Jeden Dienstag und Freitag steht Holger frühmorgens auf dem Isemarkt und verkauft Hinz&Kunzt. „Ich mache dann den Marktschreier“, sagt der 53-Jährige. „Die Leute lieben das.“ Dabei geht es ihm nicht nur um den Verkaufserfolg.

Viel mehr freut er sich über den Zuspruch von den Marktbesuchern. Anerkennung hat Holger in seinem Leben lange nicht gekannt. Der gebürtige Hamburger landete früh im Heim. Er rebellierte und trieb sich schon als Jugendlicher auf dem Kiez rum. Als er alt genug war, jobbte er und brachte es „vom Tellerwäscher zum Kellner“, wie Holger augenzwinkernd erzählt.

Mehr war nicht drin. „Ich kann nicht lesen und schreiben“, erklärt Holger. „Aber kochen kann ich.“ Einige Jahre ging das gut. Ende der 1980er ließ er sich abwerben und arbeitete in einem Restposten-Laden, „der größte Fehler in meinem Leben“. Das Problem: Es wurde Hehlerware feilgeboten, die er ranschaffen sollte. Wenn nicht? „Dann gab es Prügel“, erzählt Holger, der damals in ein entsetzliches Abhängigkeitsverhältnis geriet.

Er ertränkte seine Probleme in Alkohol

Sein italienischer Chef nutzte die Schulden, die Holger bei ihm hatte, um ihn zu erpressen. „Ich wollte mich aus dem Staub machen, aber er hat mir aufgelauert“, erinnert er sich. „Ich hatte am ganzen Körper blaue Flecken.“

Was willste auch alleine machen?– Holger

Er ließ sich absichtlich beim Klauen erwischen. Immerhin war er hinter Gittern sicher vor seinem Peiniger. Zurück in der Freiheit, ertränkte er seine Probleme in Alkohol und betäubte sich mit Drogen. Zwei Flaschen Wodka am Tag waren keine Seltenheit. „Was willste auch alleine machen?“, fragt Holger trocken: „Man kann ja nicht jeden Tag die Bude tapezieren.“

Warum er nicht die Stadt verließ? „Ich bin Hamburger, mich kriegste hier nicht raus“, sagt er trotzig. „Ich war in Hannover, Berlin und Düsseldorf. Was soll ich sagen? Ist halt nicht Hamburg.“ Anfang der 1990er-Jahre wusste er trotzdem keinen Ausweg mehr – Holger tauchte unter. „Ich hatte einfach Angst vor dem Italiener.“

Früher schlief er unter Brücken

Erst versteckte er sich im Keller, später schlief er unter Brücken. So wurde er zum Obdachlosen. Über neue Freunde auf der Straße fand er vor fast 20 Jahren zu Hinz&Kunzt. Und als nächsten Schritt sogar wieder eine Wohnung. Dann erreichte ihn die Nachricht, dass sein Peiniger an einem Herzinfarkt verstorben sei. „Da ist mir wirklich ein Stein vom Herzen gefallen“, räumt Holger ein.

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Wirklich glücklich ist er aber aus einem völlig anderen Grund: Der eingefleischte St.-Pauli-Fan fand seine große Liebe. Vor sieben Jahren bei einem Heimspiel seines Vereins. Holger begleitete damals Behinderte ins Stadion, um kostenlos das Spiel zu sehen. Auch seine Freundin sitzt im Rollstuhl. Ganz schnell habe es gefunkt. „Sie hat mir dann ein Bild gemalt – mit der Frage: Willst du mit mir gehen? Wie früher in der Schule“, gesteht er und läuft ein wenig rot an. „Da habe ich sofort mit ,Ja‘ unterschrieben.“

Artikel aus der Ausgabe:

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Unser Dezember-Titel zeigt Hamburg historisch. Im Heft erzählt Fotograf und Herausgeber Günter Zint von seinem neuen Bildband „Hamburg, meine Perle“. Plus: Neues aus dem Winternotprogramm und Weihnachtsgeschichten unserer Verkäufer.

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Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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