Monatelang lebte der Obdachlose Sasho schwer krank auf der Straße. Erst nachdem ehrenamtliche Helfer:innen des Gesundheitsmobils und Hinz&Kunzt auf seine Lage aufmerksam machten, bewegte sich etwas.
„Ich bin froh, dass ich am Leben bin“, sagt Sasho. Dem 63-jährigen Obdachlosen geht es wieder besser – endlich. Im Oktober 2022 hatten wir den Bulgaren am Hauptbahnhof kennengelernt. Damals ging es ihm gesundheitlich miserabel: Eine Schwellung zwischen den Beinen, groß wie ein Basketball, behinderte ihn stark. Die Diagnose des Arztes vom Gesundheitsmobil: Leistenbruch im Hodensack. Eine Operation: dringend notwendig.
Nach einer langen Odyssee (siehe H&K, Februar 2023) dann im April die gute Nachricht: Ein Ärzt:innenteam des Israelitischen Krankenhauses in Alsterdorf erklärt sich bereit, den Obdachlosen zu operieren – und das, obwohl er weder Ausweispapiere noch Krankenversicherung hat. Krankheitsbilder wie das von Sasho seien extrem selten, sagt Dr. Ole Bäumer. „Wir haben bei der OP den ganzen Darm und Teile des Magens in der Leiste gefunden.“ Es sei erstaunlich, dass der Körper des 63-Jährigen unter diesen Umständen überhaupt noch funktioniert habe. Zu operieren sei „wichtig und notwendig“ gewesen, erklärt der Mediziner, „eine Notfalloperation, etwa bei einem Darmverschluss, hätte dramatische Folgen für den Patienten nach sich ziehen können“.
Früh nahm das Krankenhaus Kontakt zur städtischen Clearingstelle auf, um die offene Kostenfrage zu klären. Die Clearingstelle ist oftmals die letzte Hoffnung für nicht versicherte Ausländer:innen ohne Papiere in Hamburg und kann finanziell einspringen, wenn akute medizinische Versorgung benötigt wird. Ole Bäumer lobt die Zusammenarbeit: „Das war eine sehr schnelle, unbürokratische Kooperation“, so der Arzt. Doch das bewilligte Budget für Sasho reichte bei Weitem nicht.
Es gab Komplikationen: Nach der mehr als fünfstündigen OP lag der Obdachlose zwei Wochen auf der Intensivstation, kämpfte mit einer Lungenentzündung und entwickelte eine Wundinfektion. „Mittlerweile haben sich die Kosten verdoppelt, und ob und wie viel wir davon erstattet bekommen, ist derzeit noch unklar“, sagt sein Arzt. Sasho durfte bleiben: „Da bin ich schon stolz auf unser Krankenhaus, dass das ermöglicht wird“, so Ole Bäumer.
Erst zwei Monate Später, nachdem seine Wunden verheilt waren, wurde Sasho Anfang Juni entlassen. Wohin? Zum Glück nicht zurück auf die Straße. Er ist am Winternotprogramm-Standort in der Friesenstraße untergekommen, wo derzeit 120 Plätze für „besonders vulnerable und kranke Obdachlose“ vom städtischen Unterkunftsbetreiber Fördern & Wohnen bereitgestellt werden. Hier war er auch vor der OP. Einmal pro Woche gibt es eine ärztliche Sprechstunde, auch zum Gesundheitsmobil oder ins Israelitische Krankenhaus könne er jederzeit zur Nachsorge kommen, bekräftigt Ole Bäumer. Sasho selbst sagt: „Ich versuche auf mich aufzupassen, damit ich noch ein bisschen länger leben kann.“