Die Hartz-Reformen sollten Arbeitslose dazu bringen, sich stärker um einen Job zu bemühen. Eine wissenschaftliche Auswertung zeigt jetzt: Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit hat sich durch Hartz IV nicht verkürzt.
Es ist eine bekannte These der Mainstream-Ökonomie: Wenn die Absicherung durch das Sozialsystem zu gut ist, haben Arbeitslose kaum ein Interesse, sich wieder einen Job zu suchen. Die von SPD und Grünen formulierte „Agenda 2010” übernahm diese These von der so genannten Arbeitslosigkeitsfalle und führte das Prinzip „Fördern und Fordern” ein. Durch Aktivierung und Sanktionen sollten die Bezieher von Arbeitslosengeld II schneller wieder in Arbeit gebracht werden.
Die beiden Soziologen Prof. Dr. Georg Vobruba und Sonja Fehr haben jetzt für eine Zeitschrift der Hans-Böckler-Stiftung untersucht, ob die Hartz-Reformen ihr Ziel erreicht haben, die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Dazu haben sie auf Basis empirischer Daten die Zeiträume vor und nach der Einführung von Hartz IV untersucht. Ihr Fazit: „Die Hartz-IV-Reform hat keine deutliche Verkürzung der Arbeitslosigkeitsepisoden gebracht.” Vorher seien die meisten Arbeitslosen zwölf Monte ohne Job gewesen, hinterher 13 Monate. Die Reform wirke nicht, „weil ihre Grundlogik, das Armutsfallentheorem, sich empirisch nicht bestätigt.”
Nach wie vor der Agenda 2010 hänge lange Arbeitslosigkeit nicht mit dem Unwillen zusammen, eine Arbeit anzunehmen. Vielmehr seien Faktoren wie Qualifikation, Alter und Gesundheit entscheidend. In ihrer Schlussfolgerung stellen die beiden Wissenschaftler die These von der „Arbeitslosigkeitsfalle” grundsätzlich in Frage: Es lasse sich festhalten, „dass das Problem, um das es der Hartz-Reform zentral ging, nicht existierte; oder, dass es nicht gelungen ist, die Arbeitslosigkeitsdauern weiter zu reduzieren.” Den vielen negativen Folgen der Hartz-Gesetze stehe „kein Nutzen gegenüber.”
Den ganzen Artikel von Prof. Dr. Georg Vobruba und Sonja Fehr finden sie hier.
Text: Hanning Voigts
Foto: Action Press