Wer unter 25 Jahren ist und Hartz IV bezieht, ist besonders heftigen Sanktionen ausgesetzt. Warum ist das so, und was sind Alternativen? Darum geht es bei einer Veranstaltung aus der Reihe Gerechte Stadt am 8. Mai.
Junge Hilfeempfänger zwischen 15 und 24 Jahren werden besonders hart bestraft, wenn sie gegen die Auflagen der Jobcenter verstoßen. Sachbearbeiter können schon dannn die kompletten Leistungen streichen, wenn jemand, der Hartz IV bezieht, bloß einen Termin versäumt. Bei Erwachsenen wird längst nicht so rigoros bestraft. Ihnen wird der Regelsatz zunächst nur um 30 Prozent gekürzt.
Als so genannte Pflichtverletzung behandelt es das Jobcenter auch, wenn ein Hilfeempfänger weniger als die vereinbarten Bewerbungen (bis zu zehn können verlangt werden) im Monat schreibt. Gleiches gilt, wenn jemand ein „zumutbares“ Jobangebot ablehnt oder eine Maßnahme des Jobcenters abbricht. Beim zweiten Mal kommt es für die Jungerwachsenen noch dicker: Dann droht ihnen die Kürzung der Miete. Wenn die überhaupt vom Amt übernommen wird. Der Normalfall ist das nämlich nicht. Um Mietkosten zu sparen, schreibt der Gesetzgeber vor, dass die jungen Hilfeempfänger bis 25 Jahre im „Hotel Mama“ logieren sollen.
Gemäß dieser Logik ist ein Hilfeempfänger erst danach berechtigt, eine eigene Wohnung zu beziehen. Der Umzug in die eigenen vier Wände wird somit zur Ausnahme, die begründet werden muss. Hinz&Kunzt Sozialarbeiterin Isabel Kohler: „Die Leute werden ganz oft weggeschickt, wenn sie eine eigene Wohnung haben wollen. Die Begründung: Deine Eltern sind für Dich zuständig. Dabei wäre es für ihre Entwicklung ganz wichtig, dass sie lernen, auf den eigenen Beinen zu stehen und Verantwortung zu übernehmen.“
Neben Vertretern der Wohungslosenhilfe und des Jobcenters kommen bei der Veranstaltung auch Hilfeempfänger zu Wort. Nicht nur Fragen rund um die Wohnung werden beantwortet. Diskutiert wird auch die Frage, wieso junge Erwachsene überhaupt so stark sanktioniert werden. Und: Wie wird ihnen in Hamburg geholfen?
Zum Hintergrund:
Im vergangenen Jahr wurde laut einer Statistik des Bundesagentur für Arbeit deutschlandweit 912.377 mal sanktioniert, knapp zehn Prozent häufiger als im Jahr zuvor. In Hamburg ergingen knapp 32.000 Sanktionen (3,8 Prozent). Bemerkenswert: Das Gros, rund zwei Drittel, entfielen nicht etwa auf die Weigerung, Arbeit anzunehmen sondern auf versäumte Termine.
Text: Simone Deckner
„Hotel Mama – vom Gesetzgeber erzwungen?“
Dienstag, 8. Mai 2012 von 17:30 – 19:30 Uhr, Kulturhaus III&70 im Saal, Schulterblatt 73
Es diskutieren:
Christine Tenbrink, HUDE Beratung für wohnungslose junge Menschen in Hamburg-Nord, Bastian Glöckner, Leiter Jobcenter St. Pauli und Altstadt, Prof. i.R. Dr. Albert Krölls, NN, ALG II – Berechtigter, Moderation: Burkhard Plemper.
Veranstalter: Diakonisches Werk Hamburg, Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-Ost, Diakonisches Werk Hamburg-West/Südholstein, Kirchlicher Dienst in der Arbeitwelt, Hinz&Kunzt.