Hamburg soll zusätzlich Geflüchtete aufnehmen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden. Dieser Forderung von Kirche und Flüchtlingshelfern schließt sich jetzt auch die rot-grüne Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft an.
Die rot-grüne Koalition vollzieht eine Kehrtwende und erklärt Hamburg zum „sicheren Hafen“. Vergangene Woche hatte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf noch im Hamburg1-Interview abgelehnt, aus dem Mittelmeer geborgene Flüchtlinge aufzunehmen.
Jetzt allerdings setzt sich die Hamburger Bürgerschaft für ein Ende der Kriminalisierung von Seenotrettern ein. Die rot-grüne Koalition hat diese Forderung für die Bürgerschaftssitzung am Mittwoch, den 26. September, auf die Tagesordnung gesetzt. Mit einer breiten Zustimmung ist zu rechnen. So kündigten FDP und Linksfraktion gegenüber Hinz&Kunzt bereits an, dem Antrag der Regierungskoalition in weiten Teilen zuzustimmen.
Die Internationale Organisation für Migration zählte allein in den vergangenen dreieinhalb Jahren mehr als 13.500 Tote auf dem Mittelmeer. Private Retter-Initiativen wie Sea-Watch, Lifeline oder auch Sea-Eye haben sich daher zum Ziel gesetzt, Flüchtlinge in Not aus dem Meer zu retten. Doch „in den letzten Monaten hat Italien eine beispiellose Kampagne gegen die Retterinnen und Retter geführt, an der sich auch Malta beteiligt“, kritisiert jetzt die rot-grüne Koalition in ihrem Antrag. „Die Seenotrettung im Mittelmeer muss unverzüglich wieder aufgenommen und die Kriminalisierung nichtstaatlicher Seenotretter beendet werden.“
„Wir begrüßen das klare Bekenntnis der Bürgerschaft zur Seenotrettung“– Seebrücken-Sprecher Christoph Kleine
Diese Forderung hatten zuletzt der Kirchenkreis Hamburg-Ost und die Initiative „Seebrücke Hamburg“ an den Senat herangetragen. Zudem folgten mehr als 10.000 Hamburger am 2. September dem Aufruf der Seebrücke zu einer Demonstration durch Hamburg. Mehr als 8000 Unterschriften eines Hamburger Appells wurden erst gestern, am 25. September, Bürgermeister Peter Tschentscher überreicht.
„Wir begrüßen das klare Bekenntnis der Bürgerschaft zur Seenotrettung und die faktische Erklärung Hamburgs zum sicheren Hafen“, sagt jetzt Seebrücken-Sprecher Christoph Kleine. „Nun müssen den Worten auch Taten folgen, denn Resolutionen allein retten keine Menschenleben.“
Tatsächlich soll es nach dem Willen der Bürgerschaft nicht bei einem Lippenbekenntnis bleiben. Der Senat wird aufgefordert, dem Bundesinnenministerium mitzuteilen, dass Hamburg bereit ist, aus Seenot gerettete Geflüchtete aufzunehmen. Zudem solle der Senat darauf hinwirken, dass Deutschland eine humanitären Lösung in Europa anstrebe. Zuständig dafür wäre allerdings Innenminister Horst Seehofer. An dessen ablehnender Haltung in der Flüchtlingsfrage wird auch der Hamburger Senat wenig rütteln können. Dafür wächst die Hilfsbereitschaft auf kommunaler Ebene: Bereits Ende Juli hatten die Oberbürgermeister von Köln, Bonn und Düsseldorf mit einem Schreiben an Kanzlerin Angela Merkel ihre Bereitschaft signalisiert, weitere Geflüchtete aufzunehmen. Bremen, Freiburg und Stuttgart schlossen sich an.
Bis es tatsächlich sichere Fluchtwege gibt, wollen die Aktivisten der Seebrücke weitermachen. Sie kündigen an, sich der Demonstration „We`ll come united“ am 29. September in Hamburg anzuschließen. Antirassistische Initiativen und selbstorganisierte Flüchtlingsgruppen aus dem ganzen Bundesgebiet wollen an diesem Tag mit einer großen Parade durch Hamburg ziehen.