Immer mehr Obdachlose in immer schlechterem Zustand: Die Sorge um die Situation in der Hamburger Innenstadt ist groß. Hinz&Kunzt fordert einen Aktionsplan.
Angesichts der Debatte über die zunehmende Verelendung von Obdachlosen in der Innenstadt fordert Hinz&Kunzt die Stadt auf, konkrete Maßnahmen vorzulegen. „Der Senat muss sich endlich zu dem Ziel bekennen, die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden, und einen eigenen Aktionsplan für Hamburg erstellen“, sagt Geschäftsführer Jörn Sturm. „Dieser Plan muss berücksichtigen, dass Obdachlosigkeit viele Gründe hat und wir deshalb auch unterschiedliche Lösungen benötigen. Eine Antwort könnte ein Ankunftshaus für Menschen aus Osteuropa sein, für das der Senat seit drei Jahren ein Konzept verspricht.“ Anfang 2020 hatten SPD und Grüne im Wahlkampf die Einrichtung einer Pension für Arbeitssuchende aus dem EU-Ausland angekündigt, die in Hamburg auf der Straße landen und zum Betteln gezwungen sind.
Am Wochenende hatten sich Vertreter:innen von Einzelhandel, Tourismus und Bezirkspolitik besorgt über die Situation in der Innenstadt geäußert. „Wir erhalten derzeit Hinweise sowohl von Unternehmen als auch von Besuchern, dass manche Randständige einen sehr hilfebedürftigen Eindruck machen“, sagte Citymanagerin Brigitte Engler dem „Hamburger Abendblatt“. Die Situation sei nicht mehr hinzunehmen, beklagte der Vorsitzende des Tourismusverbandes, Wolfgang Raike, in der Zeitung. „Es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Politik muss sich dem Problem der Randständigen annehmen und diesen Menschen niedrigschwellige Hilfsangebote machen.“ Gleichzeitig forderte Raike von der Politik, „aggressives“ Betteln zu unterbinden.
„Es macht keinen Sinn, Obdachlose zu verdrängen. Das löst das Problem nicht, sondern verlagert es höchstens an andere Orte und wird auch den Betroffenen nicht gerecht.“– Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer
Handlungsbedarf sieht auch der Leiter des Bezirksamts Mitte, Ralf Neubauer (SPD). „Die Verelendung, die wir hier teilweise sehen und erleben, treibt mich um“, sagte er dem Abendblatt. Er mahnte an, das Problem der Obdachlosigkeit müsse grundsätzlich gelöst werden: „Was keinen Sinn macht, ist, Obdachlose zu verdrängen. Das löst das Problem nicht, sondern verlagert es höchstens an andere Orte und wird auch den Betroffenen nicht gerecht.“
Neubauer sprach sich dafür aus, Obdachlosen mit Wohnungen nach dem Housing-First-Konzept zu helfen. Diese Forderung hatte er bereits im März gegenüber Hinz&Kunzt erhoben. Bislang gibt es in Hamburg erst ein Housing-First-Modellprojekt, mit dem ab dem kommenden Jahr 30 Langzeitobdachlose mit Wohnraum versorgt werden sollen. Allerdings: Gelingt der Politik keine Trendwende beim Sozialwohnungsbau, könnte auch Housing First zum Scheitern verurteilt sein.