Hinz&Künztler Erich Heeder bekommt nur Grundsicherung. Trotzdem hat er es geschafft, für Notfälle im Alter vorzusorgen. Doch das Ersparte zu behalten war nicht einfach.
„Sorgt für eure Rente vor!“ Erich Heeder hat diesen Politiker-Satz ernst genommen. Obwohl der Hinz&Kunzt-Verkäufer seit Jahrzehnten auf Hilfe vom Staat angewiesen ist, hat der 65-Jährige etwas Geld fürs Alter beiseitegelegt: erst 22 Euro im Monat, eine klassische Zusatzversicherung.
In die hat er 25 Jahre lang eingezahlt – auch wenn das Geld oft knapp war. Zehn Jahre hat er auch noch geriestert, mit weiteren 20 Euro monatlich. Knapp 10.000 Euro hat er auf diese Weise zusammengespart. Doch als im Mai die Auszahlung ansteht, stellt sich die Frage: Was wird aus diesem Geld?
5000 Euro, so steht es im Gesetz, darf der Hilfeempfänger auf jeden Fall behalten. Doch was ist mit den restlichen 4916 Euro? Erich Heeder geht zum Grundsicherungsamt. Dort heißt es: Das Geld wird als Einkommen gewertet, die staatliche Hilfe entsprechend gekürzt.
„Ich kann doch nicht den ganzen Paragrafen-Dschungel kennen!“– Erich Heeder
Heeder ist empört: „Ich habe das angespart, weil ich wusste, dass meine Rente gering ausfällt. Soll ich das nun in einem Schwung verballern?“ Das will der Hinz&Künztler auf keinen Fall. Der Zorn des streitbaren Mannes scheint nachzuhallen. Im Amt setzen sie sich offenbar zusammen – und laden Erich Heeder zum Gespräch.
Er wird nach seinen Lebensumständen befragt. Der Stadtteilkünstler erzählt: dass er ein Auto mieten müsse, um seine Werke zu einer Ausstellung zu schaffen. Dass er bald einen neuen Kühlschrank brauche. Und dass er auch gerne mal in den Urlaub fahren würde.
Erhöhung des Freibetrags nur in Einzelfällen
Ende Juli dann die frohe Kunde: Das Amt erhöht die Vermögensfreigrenze ausnahmsweise um weitere 4222 Euro: „… in Ihrem besonderen Einzelfall … für die Deckung einmaliger altersbedingter Bedarfe zur Kontaktpflege“, wie es umständlich heißt. Was genau die Behörde wie berechnet hat, ergibt sich aus dem Bescheid nicht.
Erich Heeder ist erleichtert, bekommt er nun doch nur noch knapp 700 Euro des ersparten Geldes von der Hilfe abgezogen. Fragen bleiben dennoch offen. „Warum haben die mir nicht gleich gesagt, dass es Möglichkeiten gibt, mehr Geld zu behalten?“, fragt sich der Hinz&Kunzt-Verkäufer. „Ich kann doch nicht den ganzen Paragrafen-Dschungel kennen!“
Die Sozialbehörde erklärt dazu: „Von Seiten des Gesetzgebers ist gewollt, dass ein bestimmtes Vermögen verschont wird, dieser Betrag ist jedoch auf 5000 Euro begrenzt.“ Eine Erhöhung des Freibetrags sei nur in Einzelfällen möglich (siehe unten: Die Rechtslage). Und für Rentner gelte: „Ist die Altersgrenze überschritten, müssen Altersvorsorge-Beiträge eingesetzt oder verbraucht werden.“
Erich Heeder sagt: „Wenn ich nicht gekämpft hätte, wäre mein Freibetrag nie erhöht worden.“ Er wünscht sich, dass andere Betroffene seinem Beispiel folgen.
Die Rechtslage
Laut Sozialgesetzbuch (SGB) XII muss ein Hilfeempfänger sein gesamtes Vermögen einsetzen, bevor er staatliche Unterstützung bekommt. Allerdings gilt ein sogenannter Vermögensschonbetrag in Höhe von 5000 Euro für Sozialhilfeempfänger (bei Hartz-IV-Empfängern sind es je nach Alter rund 10.000 Euro).
Paragraf 90 Absatz 2 des SGB XII legt die Ausnahmen fest: etwa für monatliche Auszahlungen aus Altersvorsorgeversicherungen, Geld für „angemessenen Hausrat“ oder „Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung … eine besondere Härte bedeuten würde“.
Hartz-IV-Empfänger dürfen 100 Euro im Monat anrechnungsfrei hinzuverdienen. Höheres Einkommen wird mit der staatlichen Hilfe verrechnet. Grundsicherungsempfänger dürfen von 100 Euro hingegen nur 30 behalten, in Ausnahmen 50.
Mehr Infos unter www.huklink.de/sozialhilfe und www.huklink.de/schonvermoegen