Die Griechen sagen deutlich „Nein“ zum Sparprogramm der EU. Finanzminister Varoufakis tritt zurück. Doch es geht längst nicht mehr nur um Geld. Für viele Menschen ist die Krise lebensbedrohlich, weil die medizinische Versorgung fehlt.
Von den elf Millionen Griechen stehen derzeit mindestens
2,5 Millionen
ohne Krankenversicherung da. Die verliert man spätestens zwei Jahre, nachdem man arbeitslos geworden ist. Und die Arbeitslosenquote liegt bei rund 27 Prozent. Bei Jungerwachsenen lag die Zahl laut EU 2013 bei 59,1 Prozent.
Aber auch Menschen mit Krankenversicherung können sich oft die Zuzahlung für Medikamente nicht mehr leisten. Und viele Menschen sterben, weil sie nicht mehr behandelt werden können. Die Säuglingssterblichkeit hat sich in den Krisenjahren sogar um
43%
erhöht. Die Zahl der Suizide ist zwischen 2007 und 2011 um
45%
gestiegen. Die Fälle von schweren Depressionen haben sich verdoppelt. Ein Grund für die verheerende Situation: Auf Drängen der Kreditgeber mussten die Griechen Kosten im Gesundheitssystem drastisch einsparen. Die Ausgaben dürfen nicht mehr als
6%
der Wirtschaftsleistung betragen. Das ist eine der Sparvorgaben von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank – im Volksmund „Troika“ genannt. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 11 Prozent, im EU-Durchschnitt 8 Prozent. Krankenhäuser mussten teilweise mehr als
25%
ihrer Kosten einsparen.
Text + Foto: Birgit Müller
Quellen: Statista; Studie: „Greece‘s health crisis: from austerity to denialism“ (2014) im Medizinjournal The Lancet
Weiterlesen: Interview mit dem Arzt der in Athen ehrenamtlich eine Sozialklinik gegründet hat, in der Menschen ohne Krankenversicherung behandelt werden