Opposition in der Bürgerschaft
Gesundheitsversorgung von Obdachlosen ist ein „Skandal“

Für die Aktuelle Stunde der Bürgerschaftssitzung hat die Linksfraktion das Thema „Schockierende Zustände in Obdachlosenunterkunft" angemeldet. Foto: Actionpress / imagebroker.com

Nachdem ein Hinz&Kunzt-Verkäufer in einer Obdachlosenunterkunft katastrophal verelendet war, schaltet sich nun die Opposition in der Bürgerschaft ein. Linke spricht von überfordertem System, CDU fordert Konsequenzen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Der Fall des Hinz&Kunzt-Verkäufers Milan, der Ende April in katastrophalem Zustand hilflos im Bett in der Unterkunft für kranke Obdachlose in der Friesenstraße vorgefunden wurde, beschäftigt nun auch die Politik. „Es macht mich absolut sprachlos, dass es möglich ist, dass ein Mensch in einer städtischen Unterkunft derart verwahrlosen kann und ihm medizinische Hilfe nicht zukommt. Es ist mir ein Rätsel, wie so etwas passieren kann“, sagt CDU-Politiker Andreas Grutzeck. Der sozialpolitische Sprecher der Christdemokraten in der Bürgerschaft fordert jetzt Aufklärung und Konsequenzen ein: „So etwas darf nie wieder passieren.“

Olga Fritzsche, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, spricht inzwischen von einem „Skandal“. Schuld sei die mangelhafte Gesundheitsversorgung in der Unterkunft. Sie kritisiert, dass nur ein bis zwei Pflegekräfte pro Schicht für fast 90 hilfsbedürftige Menschen zuständig seien. „Mit so einer Besetzung muss das in der Katastrophe enden – und das liegt dann nicht am Unvermögen der Pflegekräfte, sondern an einem System das völlig überfordert ist und gar nicht auf diese Klientel ausgerichtet ist.“

Fritzsches Fraktion hat das Thema zur Debatte für die aktuelle Stunde in der Bürgerschaftssitzung am Mittwoch angemeldet. Zur gleichen Zeit ruft unweit des Rathauses das „Hamburger Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot“ zu einer Protestaktion an der Reesendammbrücke auf. „Schwer kranke, obdachlose Menschen werden viel zu früh aus Krankenhäusern entlassen“, sagt Birgit Bachmayer von der Beratungsstelle Altona. „Die Straße ist kein Ort, um sich auszukurieren.“ Der Zusammenschluss von Trägern der freien Wohlfahrtspflege fordert, dass Obdachlose Zugang zum regulären Gesundheitssystem erhalten. Da vor allem Obdachlose aus Osteuropa oftmals keine Krankenversicherungsschutz haben, können sie im Krankheitsfall bislang keine normale Praxis aufsuchen.

Für Aufklärung soll jetzt auch die Polizei sorgen. Hinz&Kunzt hat Strafanzeige und Strafantrag wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Unbekannt gestellt. Wegen des laufenden Verfahrens will sich der Senat in seiner Antwort auf eine Bürgerschaftsanfrage der Linksfraktion nicht zum konkreten Fall äußern.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

Weitere Artikel zum Thema