Ein Hamburger Regisseur dreht in seinem Kurzfilm „Zwangsräumung“ den Spieß in Sachen Gentrifizierung einfach um.
(aus Hinz&Kunzt 252/Februar 2014)
Man kennt das: Auch in Berlin steigen die Mieten, werden Mieter verdrängt. Unzählige Schicksale von Menschen, die aus ihren Wohnungen und Stadtteilen ausziehen müssen, weil sie plötzlich nicht mehr solvent genug sind. Manche schmeißt sogar der Gerichtsvollzieher raus. Tragische Geschichten für eine ganze Trilogie, mindestens.
Doch der Kurzfilm „Zwangsräumung“ ist anders, als diese Schicksale nahelegen. Er erzählt nicht die tränenreiche Geschichte einer Arbeiterfamilie, für die Kreuzberg zu teuer geworden ist, sondern dreht den Spieß einfach um. Denn mit List gelingt es der Figur von Hauptdarsteller Uwe Preuss (Tatort/Polizeiruf), sich gegen die Verdrängung aus dem Kiez zu wehren. Einst selbst per Zwangsräumung aus der Wohnung geflogen, erobert sie sich ihren angestammten Platz zurück. Am Ende darf der Zuschauer dann zusammen mit Preuss grinsen, der zufrieden von seinem Balkon auf den Spreekanal schaut. Weit angenehmer, als mit ihm weinen zu müssen.
„Als Regisseur hast du Wünsche, die du dir als Produzent nicht leisten kannst.“
„Zwangsräumung“ ist das knapp halbstündige Regiedebüt des in Hamburg geborenen Nachwuchsschauspielers Marcel Glauche. Als der 22-Jährige vor drei Jahren aus dem Elternhaus ausziehen wollte, machte er sich in Hamburg auf die Suche nach einer Wohnung. Und fand keine, die er sich leisten konnte. Er zog dann nach Berlin, weil das der Karriere förderlich sein sollte – und weil er dort noch eine Wohnung fand, die er bezahlen konnte. Glauche landete mitten in einer Hauptstadt, in der die Mietensteigerung gerade so richtig Fahrt aufnahm.
„Ich konnte in dem Film zeigen, wie ich Berlin kennengelernt habe“, sagt er. Glauche war nicht nur Regisseur, sondern auch Drehbuchautor. Als Produzent hat er den Film obendrein selbst finanziert. Weil das Budget entsprechend knapp war, konnte er nicht alles umsetzen, was er wollte. „Als Regisseur hast du Wünsche, die du dir als Produzent nicht leisten kannst“, sagt Glauche. Er mochte das Filmemachen trotzdem. Und an der Seite von Ralf Richter (Das Boot/Bang, Boom, Bang) ließ er sich auch einen Auftritt als Schauspieler in seinem eigenen Streifen nicht nehmen.
Sein nächstes Drehbuch hat Glauche schon in der Schublade. Es spielt in einer Hamburger Vorstadt und auf der Reeperbahn. Mehr will der Filmemacher nicht verraten. Erst mal muss er mit „Zwangsräumung“ mögliche Investoren von seinem Können überzeugen, um den ersten Langfilm produzieren zu können. Die Chancen stehen gut, dass ihm das gelingt: „Zwangsräumung“ ist ein sehenswerter Film, der locker mit aufwendigeren Produktionen mithalten kann.
Text: Benjamin Laufer
Die Premiere in Hamburger Kinos ist für Ende Februar geplant.