Gendern bei Hinz&Kunzt :
Mit Kreativität und Doppelpunkt

Statt mit Sternchen gendern wir jetzt mit Doppelpunkt – und kreativen Formulierungen.

Wir wollen weiter gerecht schreiben, aber lesbarer sein: In unserem künftigen Umgang mit Gender und Sprache sind auch viele Rückmeldungen von unseren Leser:innen eingeflossen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Soll Hinz&Kunzt den Genderstern weiter benutzen oder wieder abschaffen? Als wir das Sie, liebe Leser*innen, im Januar gefragt haben (hier und hier), hätten wir mit so viel Resonanz nie gerechnet! Hunderte Briefe haben uns erreicht – und diejenigen, die dagegen oder dafür sind, können allesamt mit Leidenschaft für ihre Sache streiten, so viel ist sicher!

Es scheint, als ob viele sich unversöhnlich gegenüberstehen: Da sind die, für die der Stern symbolisch für die Verhunzung der deutschen Sprache steht. Und die, für die es schon ein Affront ist, seine Abschaffung überhaupt zur Debatte zu stellen. Uns hat das die Entscheidung nicht leicht gemacht, denn Hinz&Kunzt ist angetreten, um Brücken zu bauen – und nicht, um Gräben aufzureißen.

Einige sind in ihrer Haltung auch unentschieden. Leserin Andrea Gerdes schreibt, sie halte Gendern zwar für wichtig, aber bitte nicht mit Stern, denn: „Ich finde es wirklich schrecklich, dass er überall aus dem Text herausblinkt. Er tut mir richtig weh.“

Wir wollen denen eine Stimme geben, die sonst weniger gehört werden.

Das gibt uns zu denken, denn wir wollen, dass Ihnen das Magazin Freude bereitet. Aber wir wollen auch niemanden vergessen, sondern Männer, Frauen und alle weiteren Geschlechter ansprechen und benennen. Schließlich gehört es zum Grundverständnis von Hinz&Kunzt, auch denjenigen eine Stimme zu geben, die sonst weniger gehört werden. Genau dafür steht der Genderstern.

Bedanken möchten wir uns für die vielen kon­struktiven Rückmeldungen. Boulevardmedien wie Hinz&Kunzt sollten Dinge wie den Genderstern testen und verbreiten, meint unser Leser Achim Brenner. Er ist also ein klarer Befürworter des Sterns – und doch stört er sich an ihm: „Beim Stern habe ich immer das Bedürfnis, ans Textende zu schauen, zum Klein­gedruckten oder zu Fußnoten.“ Sein Vorschlag: Wir sollten statt des Sternchens den unauffälligeren Doppelpunkt nehmen, der würde den Lesefluss weniger stören. Eine Variante des Genderns, die sich inzwischen immer mehr durchsetzt. Und wissen Sie was? So machen wir’s! Ab sofort wollen wir statt eines eher klobigen Sternchens einen schlanken Doppelpunkt verwenden. Gerechte Sprache, aber besser lesbar.

Schlanker Doppelpunkt statt klobiger Stern

Weil Verständlichkeit für uns alle ebenfalls ein wichtiges Anliegen ist, wollen wir es nicht beim Wechsel vom Sternchen zum Doppelpunkt belassen, sondern uns noch mehr Mühe geben, geschlechtsneutrale Formulierungen zu finden. Also: Statt Mitarbeiter:innen schreiben wir Beschäftigte, statt Herausgeber:innen herausgegeben von, statt Student:innen Studierende. Aus „Autofahrer brauchen einen Führerschein“ könnte „Wer Auto fährt, braucht einen Führerschein“ werden. Beim Führerschein soll es übrigens einfach bleiben: Das Wort Führer:innenschein werden wir nicht erfinden. In Überschriften wollen wir so kreativ sein, dass der Doppelpunkt dort gar nicht vorkommen muss.

Trotzdem sind auch wenige Doppelpunkte zusätz­liche Barrieren und damit nicht unproblematisch. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband spricht sich zum Beispiel gegen ihre Verwendung aus, weil Vorlesegeräte sie (wie auch die Sterne) oft nicht richtig aussprechen würden. Aber auch in dieser Community sind die Stimmen vielfältig: Die Geräte müssten eben besser werden, meint Heiko Kuhnert, Geschäftsführer des Hamburger Blinden- und Sehbehindertenvereins. Auch Blinde würden sich an die Genderzeichen gewöhnen.

Übrigens haben wir das in Ihren Briefen ebenfalls oft gelesen: dass man sich an die neue Schreibweise gewöhnt, wenn man sich nur darauf einlässt. „Als fast 70-Jähriger behaupte ich: Auch diese Sternchen werden im Zusammenhang und durch häufigen Gebrauch leicht verständlich“, meint unser Leser Bernd Heeling.

„Das Projekt ist zu wichtig, als wegen dem Genderstern die Zeitung nicht mehr zu kaufen!“– Leserin Lydia Stern

Eins noch: Manche haben uns geschrieben, dass sie Hinz&Kunzt nicht mehr kaufen wollen, wenn wir weiter gendern. Bitte überlegen Sie sich das noch einmal! Damit schaden Sie nämlich nicht nur der Redaktion, die Sie so womöglich treffen wollen. Sondern auch unserer Sozialarbeit und den Hinz&Künztler:innen, die auf Ihre Hilfe angewiesen sind. Sie schwächen außerdem die Lobby für Arme und Obdachlose, die Hinz&Kunzt neben einem Magazin eben auch ist.

Halten Sie es doch lieber wie ­Lydia Stern, die zwar den Genderstern ablehnt, aber auch schreibt: „Das Projekt ist zu wichtig, als wegen dem Genderstern die Zeitung nicht mehr zu kaufen!“ Wir wissen, dass wir es mit unserer Entscheidung nicht allen recht machen können – aber wir hoffen trotzdem, dass Sie uns und den Hinz&Kunzt-Verkäufer:innen treu bleiben.

Artikel aus der Ausgabe:

Hart. Aber fair?

Was der Liefer-Boom für die Fahrer:innen bedeutet, wie die Schwester von Süleyman Taşköprü 20 Jahre nach dem NSU-Mord an ihren Bruder zurückdenkt und wieso Armin Laschet die Cent-Münzen behalten will. Außerdem: Tellerkunst von fraujule*

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Autor:in
Benjamin Laufer
Benjamin Laufer
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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