Wie die CDU die armen Stadtteile fördern will und welche Ideen SPD und GAL haben. Ein Überblick von Marc-André Rüssau
(aus Hinz&Kunzt 167/Januar 2007)
CDU: Lebenswerte Stadt
Der Senat will der sozialen Spaltung durch zwei Maßnahmen entgegenwirken: Problemschulen sollen mehr Geld bekommen, zusätzlich sollen ins sechs Stadtteilen soziale Projekte initiert werden.
Ab kommendem Schuljahr bekommen 67 Grundschulen kleinere Klassen. In den ersten Klassen sollen dann 18 bis maximal 20 Schüler sitzen – in anderen Grundschulen sind es oft 27 Schüler pro Klasse. Die geförderten Schulen wurden unabhängig vom Stadtteil ausgewählt, ausschlaggebend war die KESS-Studie, in der auch die soziale Belastung der Schulen festgestellt wurde. Deswegen werden einige Schulen in Problemstadtteilen wie die Grundschule Seeredder in Steilshoop nicht gefördert. Kosten dieser Maßnahme im kommenden Jahr: 3,4 Millionen Euro, bis 2011 werden die jährlichen Kosten für zusätzliche Lehrerstellen auf 13,4 Millionen Euro angewachsen sein. Zusätzlich will die Stadt mehr als 30 Erzieher einstellen und in Ganztagesgrundschulen in Brennpunkten einsetzen. Kosten: 1,5 Millionen Euro.
Außerdem müssen Kinder, die nicht gut deutsch sprechen, ein Jahr in eine Vorschule gehen – die Eltern müssen dafür nichts bezahlen. Kosten: 500.000 Euro. Für Familien ohne Kita-Anspruch, weil die Eltern nicht berufstätig sind, sollen die Kindertagesstätten um offene Nachbarschaftszentren mit Betreuungsangeboten erweitert werden Außerdem übernimmt die Stadt 39 Spielhäuser von den Bezirken, in denen vormittags Kinder betreut werden können.
Die zweite Säule des CDU-Konzepts ist die so genannte Quartiersoffensive. In sechs Stadtteilen – das sind Wilhelmsburg, Lohbrügge- Ost, Altona-Altstadt, Billstedt, Steilshoop und Barmbek-Süd – finanziert die Stadt unterschiedliche soziale Projekte. Das reicht von einem HipHop-Projekt für Jugendliche in Billstedt bis zu vollwertigen Community-Centern mit Beratungs- und Betreuungsangeboten. Außerdem bekommt jeder Stadtteil einen Staatsrat als Paten.
SPD: Zehn-Punkte-Programm
Die SPD will 13 Stadtteile – Billbrook, Billstedt, Dulsberg, Horn, Jenfeld, Lohbrügge, Lurup, Rothenburgsort, Steilshoop, St. Georg, St.Pauli, Wilhelmsburg, Veddel – mit einem Zehn-Punkte-Programm unterstützen.
1. Bildung: Die SPD will maximal 23 Schüler pro Grundschulklasse. Kitas, Vor- und Grundschulen sollen in Quartiersbildungshäusern zusammengefasst, Bücherhallen, Gesamt- und Volkshochschulen ausgebaut werden.
2. Wirtschaftsförderung: Wenn Geschäftsleute einen Langzeitarbeitslosen aus dem Quartier einstellen, sollen sie Gewerbeflächen bis zu zehn Prozent günstiger bekommen.
3. Städtebau: In jedem Problemstadtteil will die SPD einen öffentlichen Platz neu gestalten. Auch bestehende Parks und Spielplätze sollen erneuert werden. Kosten: 24,6 Millionen. Der Ordnungsdienst bekommt für jeden Problemstadtteil zwei zusätzliche Stellen – das kostet 1,44 Millionen jährlich.
4. Fördermanager: In jedem Quartier wird eine Stelle geschaffen, um die Förderprogramme im Stadtteil zu organisieren, für private Investitionen zu werben und Ehrenamtliche zu organisieren. Kosten: 1,3 Millionen.
5. Selbstverwaltung: In den Stadtteilen sollen Bewohnerbeiräte gebildet und mit einem 10.000 Euro-Etat ausgestattet werden.
6. Zukunftspakt: Kammern, Wohnungsbauverbände, ARGE und gemeinnützige Organisationen sollen sich vernetzen, um gemeinsam für den Stadtteil zu arbeiten.
7. Wohnungen: Bei Sanierung soll beachtet werden, dass die Wohnungen auch von Senioren genutzt werden können. Außerdem sollen mehr Eigentumswohnungen in die Stadtteile.
8. Nachhaltigkeit: Wenn Fördermaßnahmen auslaufen, soll zur „Nachsorge“ ein Verfügungsfonds von 5.000 Euro und eine halbe Stelle zur Verwaltung bereit gestellt werden.
9. Image: Eine Kampagne für 200.000 Euro soll den Ruf der Stadtteile verbessern.
10. Wertschätzung: Jeder Senator und Staatsrat soll Pate für einen Stadtteil werden.
GAL: Ankoppeln statt abhängen
Welche Stadtteile gefördert werden müssen, will die GAL durch eine regelmäßig durchgeführte Studie herausfinden. In fünf Bereichen soll den Quartieren dann geholfen werden.
Im Handlungsfeld „Kinder, Jugend und Bildung“ sollen Schulen in den Problemstadtteilen besonders gut ausgestattet werden. Durch diese Magnetschulen sollen auch einkommensstarke Familien ins Quartier gelockt werden. In den Grundschulen sollen höchstens 25 Schüler pro Klasse sitzen, in allen Problemstadtteilen soll es Ganztagesgrundschulen geben. In Familienzentren sollen Kinder betreut, Integrations- und Sprachkurse angeboten werden. Für die ganze Stadt fordert die GAL Kitaplätze für alle und kostenlose Vorschulen.
Im Handlungsfeld „Wirtschaft und Arbeit“ sollen lokale Wirtschaftsbüros ansässige Unternehmen beraten. Existenzgründer sollen günstige Kredite und Räume bekommen, Werberinge und Business-Improvement-Districts gebildet werden. Statt 1-Euro-Jobs sollen verstärkt ABM-Stellen, im sozialen und kulturellen Bereich Kombilöhne angeboten werden. Alle Stellen sollen primär im Bereich der sozialen Stadtentwicklung geschaffen werden.
Im „Handlungsfeld Gesundheit“ sollen Ärzte vernetzt und Sportförderung durch Vereine betrieben werden.
Das Handlungsfeld „Zivilgesellschaft, soziale Teilhabe und Kultur“ sieht die Bildung von Quartiersräten vor. Die sollen wie beim SPD-Konzept mit einem Verfügungsfonds ausgestattet werden. Freiwilligenbörsen sollen ehrenamtliches Engagement koordinieren. Durch kulturelle Projekte soll das Bild des Stadtteils verbessert werden.
Im Handlungsfeld „Wohnen, Umwelt und Mobilität“ sollen unter anderem Leerstände für eine öffentliche Nutzung erschlossen werden. Das Sozialticket, eine vergünstigte HVVKarte für Arme, soll wieder eingeführt werden. Außerdem soll der öffentliche Nahverkehr ausgebaut, Steilshoop und der Osdorfer Born über eine Stadtbahn angebunden werden.